Sonntag, 6. September 2015

Daintree Discovery Centre, Cape Tribulation, QLD

Woran man die richtigen Visitor Information Centres erkennt • Warum wir Discovery Centers gewöhnlich meiden • Wo man den Regenwald aus allen Perspektiven sehen kann • Weshalb der Regenwald erst oben farbig wird.

Sowohl die Dichte wie die Qualität der Visitor Information Centres in Australien sind hoch. Es gibt zwar Orte wie das Touristenmekka Port Douglas (2500 Einwohner, 70 km nördlich von Cairns), wo es, aus welchen Gründe auch immer, keine “offizielles” Visitor Information Centre gibt, und wo dann eine Vielzahl von privaten Tourenanbietern und Souvenirläden nur zu gerne in die Bresche springen, um mit «Visitor Information» Kunden ins Geschäft anzulocken. Aber in der Regel sind die am gelben “i” auf blauem Hintergrund erkennbaren akkreditierten Visitor Information Centres professionell organisiert, legen Broschüren auf über die lokalen Attraktionen, über die umliegenden Regionen und sogar über entferntere Regionen und die angrenzenden Staaten. Die Zufahrt ist jeweils früh und gut sichtbar signalisiert, Parkplätze sind meist in reichlicher Zahl vorhanden, das Personal ist geschult, die Räumlichkeiten sind ansprechend und klimatisiert. Eine saubere Toilette mit Seife und Papier ist Standard. Teilweise haben die Information Centres auch eigene Ausstellungen, die Besonderheiten in der Pflanzen- und Tierwelt, in der lokalen Geschichte oder Geologie herausheben.

Innovative "Sicht" auf ein Billabong: Auge in Auge mit dem Krokodil im TYTO Wetlands Centre

Etwas mehr Vorsicht ist bei den sogn. Discovery Centres geboten, die sich als Interpretationshilfen für Natur und Kultur verstehen, denn diese sind nur zu oft voll familientauglich ausgelegt, was so viel heissen soll, wie dass der Kinderspass zuoberst steht. Comicsfiguren “erklären” einem die Zusammenhänge, Knöpfe können gedrückt werden, Videos mit grafischen Effekten und Sound sollen die Kleinen bei der Stange halten. Es erübrigt sich zu sagen, dass Discovery Centres oft private Institutionen sind und einer Familie ein Loch ins Portemonnaie brennen können.

Daintree Discovery Centre

So zögerten wir trotz der sehr vorteilhaften Kommentare im Lonely Planet Guide, als der Wegweiser zum Daintree Discovery Centre nach links zeigte. Der Daintree Nationalpark umfasst und schützt 1500 km2 tropisches Gebiet im Südosten der Cape-York-Halbinsel, dem nordöstlichen Landzipfel Australiens. Der Daintree-Regenwald ist zwar “nur 1’200 km2 gross, ist dafür über 100 Mio Jahre alt (zum Vergleich: der Amazonas-Regenwald ist “nur” 7 Mio Jahre alt). Regenwälder haben meist eine sehr dichte Vegetation, sodass man nicht einfach durch sie hindurch spazieren kann wie durch einen losen Buchenwald. Zudem gibt es verschiedene vertikal übereinander liegende Lebenszonen vom Waldboden bis zu den Baumkronen, sodass ein normaler Spaziergang am Boden ohnehin nur einen sehr bescheidenen Eindruck gewähren könnte.

Die vertikale Struktur des Daintree-Regenwalds

Hier kommt nun das Besondere des Daintree Discovery Centre (im Folgenden kurz DDC) ins Spiel: erstens wurde ein besonders schönes und dichtes Stück Regenwald ausgesucht. Und zweitens wurden die vertikalen Etagen des Regenwalds durch Boardwalks, Stahlstrukturen und durch einen 23 Meter hohen Turm erschlossen. Der freundliche Herr, der unserem Ansinnen nach mehr Information zur Entscheidung, ob wir den Eintrittspreis von $25 pro Person bezahlen wollten, entsprach, tat dies sehr kompetent und ohne eine Marketing-Tirade abzufeuern. Und er überzeugte uns, dass wir einen Einblick in den Regenwald erhalten werden, den wir in dieser Form so schnell nirgends gibt. Er hatte recht. Obwohl das DDC nicht sehr gross ist, kamen wir erst nach gut drei Stunden wieder heraus und waren begeistert.

Stahlpassage 4 m über Boden (Bild anklicken)

Zählung der Spezies pro Hektare

Die Wege und Stege sind sehr schön angelegt, mehrere Routen sind bezeichnet. Grüne Nummern verweisen auf einen Text im sehr informativen, gut bebilderten und schön aufgemachten Führer (56 Seiten), weisse Nummern verweisen auf ein Sound-Dokument im Audio-Guide. Das Personal war durchwegs sehr motiviert und gut ausgebildet.

Stringing Tree — Blätter so gross wie ein Teller und Haare wie die Brennnessel, aber die Berührung schmerzt mehrere Tage, oft sogar Wochen oder Monate

Am Boden des Regenwalds war das Licht diffus, die sattgrünen Blätter gross, damit sie viel Licht aufnehmen können, die Tiere nicht besonders farbig. Je mehr wir uns anschliessend in die Höhe arbeiteten, umso mehr Licht drang durch das Blätterdach und umso farbiger wurden die Blüten und vor allem die Vögel. In den Baumkronen hatte es einen lärmenden Schwarm von Metallic Starlings, deren Nester an den Ästen hingen, und die in irrem Tempo und mit einem lauten Rauschen um die Wipfel, den Aussichtsturm und die Besucher pfeilten.

Das Bächlein im "Parterre"

Mittlere "Etage"

"Maisonette" von unten

"Maisonette" von oben

In Terrarien gab es farbige Pythons, kecke Echsen und andere Reptilien. Im Interpretive Centre konnte man Videos über Tiere und Umweltproblem anwählen, Insektensammlungen und ausgestopfte Tiere begutachten. Auf dem Bush Tucker Trail (tucker ist australisch für das englische food) wurden Regenwaldpflanzen vorgestellt, die essbare Früchte, Wurzeln oder Stengel haben. Sogar auf der Toilette wurde Vorschläge zur Ressourcenschonung gemacht.

Green Python (ungiftig)

Boyd's Forest Dragon

Bush Tucker Trail

Innen an der Toilettentür

Nur der rare Cassowary, ein Regenwald-Laufvogel fast so gross wie ein Strauss, wollte sich uns nicht zeigen. Grund genug, auf einer späteren Reise wieder im DDC vorbeizuschauen.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen