Freitag, 3. April 2015

Der Nullarbor-Road-Trip, SA nach WA

Warum dieser Road Trip keineswegs langweilig ist • Was der Great Bight ist • Woher die Ortschaft Norseman ihren Namen hat • Wie der grösste Golfplatz der Welt aussieht • Wo ein Ort mit 13 Einwohnern seine eigene Zeitzone hat.

Obwohl die Reise auf der direkten Route von Melbourne bis Adelaide zuweilen monoton ist, so bewegt man sich doch meistens im kultivierten Gebiet, passiert Ortschaften, sieht Kühe und Schafe, Wälder, Flüsse, Seen und Hügel. Die Fahrt ist aber “nur” gut 700 km lang.

Fährt man von Adelaide zuerst nach Nordwesten, dann fast stetig gegen Westen nach Perth, erlebt man eine andere Dimension des Reisens:
  • Fährt man in Adelaide (1.2 Mio Einwohner) am einen Ende des Eyre Highway los, ist man nach 307 km in Port Augusta (knapp 14’000 Einwohner), der letzten richtigen Stadt bis Perth. 
  • Der nächste — und für längere Zeit letzte — nennenswerte Ort ist Ceduna (3’800 Einwohner), 468 km weiter.
  • Die darauf folgende Strecke von Ceduna nach Norseman (860 Einwohner) ist 1'201 km lang, und ich werde sie im Folgenden als Nullarbor-Strecke bezeichnen. Norseman ist das andere Ende des Eyre Highway, der damit 1'976 km lang ist.
  • Von Norseman auf dem direkten Weg via Wave Rock nach Perth (1.8 Mio Einwohner) sind es noch einmal 636 km. 
  • Total 2'712 km und damit nur ein paar Kilometer weniger weit als Stockholm – Barcelona. Die Reise wird als Australia's Great Road Journey vermarktet und ist genau das!
(Klicke mich!)

Während die Fahrt von Adelaide nach Port Augusta noch ab und zu durch die Zivilisation führt, sind bereits kurz nach Port Augusta nur noch riesige Getreidefelder und Farmen und Hügelzüge zu sehen. Ab und zu gibt es einen Blick auf das Meer und Dünen oder auf Getreidesilos. Nach Ceduna wird es dann definitiv karg, aber es gibt immer wieder lichte Wälder und Weideland, teilweise Getreidefelder. Das hat in Nullarbor (nicht mehr als ein Punkt auf der Karte und ein Roadhouse in der Landschaft) ein abruptes Ende. Nun gibt es für Stunden nur noch Büschchen und trockenes Gras. Das ist die Nullarbor-Ebene, die auf dem folgenden Reliefbild sehr gut zu sehen ist (je höher über Meer umso heller die Farbe).

Die gewaltige Nullarbor-Ebene

Nullarbor ist nicht etwa ein Aboriginee-Name, sondern ganz einfach Latein: null arbor (kein Baum). Ganz so dramatisch ist es dann allerdings nicht, denn die Bäume und kleine Wälder kommen zurück, noch bevor man den westlichen Rand der Ebene erreicht hat. Etwa 100 km östlich von Norseman stösst man dann wieder auf dichten Wald aus grossen Eukalypten mit rotbraunen, glatten Stämmen.

Kurz nach Ceduna

Nullarbor

Ausser überfahrene Känguruhs haben wir keines dieser Tiere gesichtet

Kurz nach der westaustralischen Grenze

200 km vor Norseman

Wieder richtige Bäume!

Norseman — benannt nach einem Pferd

Warum tut man sich das an und fährt von Adelaide nach Perth? Nun, so “schlimm” ist es gar nicht, denn selbst in der eigentlichen Nullarbor-Wüste gibt es laufend Abwechslung und Sehenswürdigkeiten. Eine davon war der seitliche Abstecher für zwei Tage an die Cactus Beach, knapp 100 km nach Ceduna. Eine andere, das plötzliche und gänzliche Fehlen von Bäumen. Oder die 80 m hohen Steilklippen des Great Bight. Oder die zahlreichen Road Trains. Oder wenn einem ein gewaltiger Road Train überholt, und sich der Fahrer über Funk (Kanal 40) nach der Herkunft unseres Reisemobils erkundigt. Oder Velofahrer. Oder die Roadhouses. Oder der Quarantine Checkpoint. Oder der Madurapass: bei so viel Ebene ist eine Steigung von 80m bereits ein Pass! Oder die Notfallpisten für den Royal Flying Doctor Service. Oder die längste Gerade Australiens. Oder die Suche nach einer Möglichkeit für das Nachtlager (wir sind von Ceduna bis Norseman in 2.5 Tagen gefahren, Cactus Beach nicht mitgerechnet).

Auf der Fahrt zur Cactus Beach

Cactus Beach


Cactus Beach Camping

The Great Bight

Klassischer Roadtrain

Road Train in Cocklebiddy

Derselbe Road Train kurz nach Cocklebiddy

Tom fährt Melbourne – Perth

Ich bin auch einen Landepiste

Steuerrad festbinden!

Und wenn es zwischendurch doch etwas monoton wurde, dann hat uns Martin Suters neues Hörbuch «Montecristo» spannend unterhalten. Die Nullarbor-Strecke ist übrigens durchgehend geteert und in sehr guten Zustand. Wer das "Abenteuer" selbst unternehmen möchte, für den ist die umfangreiche Broschüre im Format A1, die in den Visitor Centers (gefaltet!) aufliegt, sehr praktisch, sowie diese Website.

Nullarbor-Kuriositäten

  • Nähert man sich Ceduna von Osten, stellt man irgend einmal fest, dass einem alle Autofahrer winken. Also beginnt man auch zu winken. Das zieht sich durch bis nach Norseman, dann verklingt der lustige Brauch wieder.
  • Adelaide — und in der Tat ganz Südaustralien — befindet sich auf einer anderen Zeitzone als Melbourne / Victoria: sie folgt um ungewöhnliche 30 Minuten nach. Kurios daran ist, dass Südaustralien eine ziemlich grosse West-Ost-Ausdehnung hat und sehr gut eine ganze Stunde Zeitdifferenz rechtfertigen könnte.
    Perth — und ganz Westaustralien — folgen Melbourne  um 3:00 h nach. Das ergibt an der Staatsgrenze SA–WA einen ungewohnt langen “Zeitsprung” von 2:30 h. Statt um 20 Uhr ist es plötzlich um 17:30 stockdunkel. Und damit es einem nicht langweilig wird, hat Cocklebiddy (13 Einwohner), mitten auf der Nullarbor-Strecke gelegen, noch eine eigene Zeitzone eingeführt, die 1:45 h auf Melbourne folgt.
(Zu den 45 Minuten kommt aktuell noch eine Stunde Sommerzeit hinzu)
  • Die Nullarbor-Strecke ist zugleich auf der grösste Golfplatz der Welt: die 18 Löcher sind mehr oder weniger gleichmässig von Ceduna bis Kalgoorlie verteilt. Nullarbor Links heisst das. Man kann an der Visitor Information in Ceduna oder Kalgoorlie eine Score Card lösen ($70) und spielt unterwegs die 18 Löcher (in beliebiger Reihenfolge, falls man die Strecke mehrfach fährt, und ohne Zeitlimite). Man trägt bei jedem Loch die benötigten Schläge ein und lässt am Ort (Pub, Roadhouse, General Store) die Präsenz mit Stempel bestätigen. Sind alle 18 Löcher gespielt, erhält man ein Zertifikat. Die Spieler sind angehalten, das Ganze nicht tierisch ernst zu nehmen.
Hole No. 3 in Penong (Par 4) — Aber wo ist das Green …? 

… hinter dem Busch!
  • Der Nullarbor-Nationalpark, der zwischen der Steilküste und der Strasse liegt, und das Nullarbor Regional Reserve umfassen zusammen gut 28'000 km2 (CH: 41'000 km2).

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