Am Samstag, 7. Februar 2009, traf das ein, was Fachleute schon während Tagen und Wochen befürchtet hatten: bei 48.8 Grad und nur 4% Luftfeuchtigkeit in Melbourne brachen fast gleichzeitig an mehreren Orten in Victoria Busch- und Waldbrände von nie gesehener Heftigkeit aus. Der Tag ging als Black Saturday in die Geschichte ein, 173 Menschen kamen ums Leben.
Die Bevölkerung wird das ganze Jahr über mittels regenbogenfarbigen Warntafeln informiert. Grundlage ist der Forest Fire Danger Index (FFDI), ein Instrument zur Bewertung der Brandgefahr.
Der FFDI, bereits in den 60er-Jahren entwickelt, ist abhängig von Umgebungstemperatur, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit, Trockenheit von Pflanzen und Boden sowie von der vorhandenen Masse an brennbarem Material. Eine FFDI-Angabe ist immer auf einen bestimmten Ort bezogen. Gezielte Experimente ergaben, dass die Feuerwehr bei einem FFDI von 12 noch gut mit dem Feuer zurecht kam; ab 25 hatte sie bereits Mühe und ab 50 waren die Chancen schlecht, dem Feuer Herr zu werden.
Extreme bedeutet, dass der FFDI bei 50 oder höher liegt, und die Konsequenz ist immer ein total fire ban, d.h. absolut kein Feuer mehr im Freien. Das Problem ist, dass Extreme gar nicht extrem ist. Nach verheerenden Bränden im Januar 2006 wurde eine Anpassung der Skala vorgeschlagen, aber nicht umgesetzt: Extreme zu Severe umbenennen und zwei neue Stufen hinzufügen: Extreme (neu) [75-99] und Catastrophic [> 100], wobei man 100 als weitgehend akademisch betrachtete, als ein Wert also, der in der Praxis nie zu erwarten ist.
Schon Anfang Februar 2009 hatte man nach wochenlanger Rekordhitze lokal FFDI-Werte von 150 (sic!) festgestellt. Für die Feuerwehr war das Verhalten bei einem Brand in einem solchen Gebiet klar: get the hell out of the way (abhauen und das eigene Leben retten). Jeder Löschversuch war vollkommen aussichtslos.
Warum kamen vor einem Jahr so viele Leute ums Leben? — Im Gegensatz zu den USA, wo bei Busch- und Waldbränden die gefährdete Bevölkerung zwangsevakuiert wird, überlässt man es in Australien den Bewohnern selbst, ob sie ihr Haus zu retten versuchen oder fliehen wollen. Das Motto heisst aber ganz klar: Stay and defend, or leave early (bleibe und verteidige, oder gehe früh). Das Problem lag nun genau beim letzten Wort, early. Obwohl viele Familien recht gut vorbereitet waren, wurden alle, inklusive Feuerwehr, von der Grösse, der Heftigkeit und der Geschwindigkeit der Feuerfront überrumpelt. Viele Leute flohen eben nicht früh sondern erst als sie sahen, was da kam. Die meisten Todesopfer gab es auf der Flucht.
Das folgende Video ist wohl 9 Minuten lang, aber es lohnt sich — und ist erschütternd.
Anders als in der Schweiz gibt es in Australien keine obligatorische Brandversicherung von Gebäuden, welche von den Behörden durchgesetzt wird. Viele der abgebrannten Häuser waren nicht versichert. Wer nun denkt, dass im vergangenen Jahr in gefährdeten Zonen nun alle noch nicht versicherten Häuser versichert worden wären, liegt leider falsch. Wenigstens gab es diesen Sommer noch keine nennenswerten Brände, weil Trockenheit und Hitze viel weniger gross sind.
Und: auch in Australien geht man davon aus, dass etwa die Hälfte aller Brände absichtlich gelegt werden.
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