Dienstag, 6. September 2011

Sechs Monate später

Coooo-eeee! Genau gestern vor einem halben Jahr bin ich wieder in Kloten gelandet. Es ist wahr: die Zeit fliegt.

Heute schon übers Velo gehüpft?

Als ich die Blog-Serie Mitte Mai abschloss, waren die Eindrücke aus Australien noch frisch und meine berufliche Zukunft noch offen. Mittlerweile stehe ich wieder im schweizer Erwerbsleben und versuche, mich nicht zu gründlich vom allgemeinen Stress vereinnahmen zu lassen, der alle zu lähmen scheint. Im Zeitalter von Facebook ist es schwierig geworden, gewisse Freunde und Bekannten persönlich zu treffen. Everyone is busy all the time. Setzt Euch doch für morgen einmal nur halb so viele Ziele! Nehmt Euch Zeit, mal etwas langsam zu tun, und tut es dafür mit mehr Freude! Zeit haben ist der neue Luxus! Lacht mehr, Leute, es geht uns ja unheimlich gut!


Das Fitnessprogramm, das ich mir im März verordnete, hat seine Wirkung noch nicht wirklich gezeigt; bleibt nur zu hoffen, dass einige der überzähligen Kilos von Fett zu Muskeln geworden sind :-)

Das Time-out nach unserem Abschied von Melbourne nahm ich zum Anlass, mir etwas tiefere Gedanken über meine berufliche Entwicklung zu machen. Fast 20 Jahre habe ich seit dem Abschluss des Studiums bereits gearbeitet, 20 Jahre stehen noch an. Will ich wirklich nochmals 20 Jahre lang Software entwickeln? Will ich mich weiterhin alle zwei oder drei Jahre in komplett neuen, immer komplexer werdenden Programmcode hineinwühlen? Wie lange würde ich mich noch gegen die "Konkurrenz" der jungen Programmierer durchsetzen können? — Bei der schwindelerregenden Rate, mit der neue Technologien eingeführt und miteinander integriert werden wollen, hat Erfahrung eine Halbwertszeit von bloss ein oder zwei Jahren. Will ich wirklich nochmals 20 Jahre im Umfeld von Banken und Finanzen mein Geld verdienen? Die nüchterne Analyse ergibt nämlich, dass ich vom Finanzwesen immer noch kein konkrete Ahnung habe. Wie soll ich da Seniorität und Erfahrung ausspielen?


Eines schönen Tages, auf der Fahrt durch South Australia, wurde mir bewusst, wie wenig die Australier alternative Energien nutzen. Stattdessen werden über 90% des elektrischen Stroms aus Braunkohle gewonnen; all die Sonne, die Wellen und der Wind werden noch kaum genutzt! Zurück in der Schweiz musste ich dann leider feststellen, dass auch da ein beschämender Nachholbedarf besteht, wenn man mit Deutschland oder Österreich vergleicht, wo jedes fünfte Haus und jedes zwanzigste Industriedach mit Solaranlagen bestückt sind. Dagegen muss man doch etwas tun!

Ich stand noch am Anfang meiner Analyse, als in Japan der Tsunami einschlug, und seither ist die "Energiewelt" nicht mehr dieselbe. Der Bundesrat beschliesst den Ausstieg aus der Kernenergie — aber wer implementiert die Alternativszenarien? Ein äusserst spannendes Feld, in das in den nächsten zwei Jahrzehnten immense Budgets investiert und Fachleute rar sein werden.


Kurz: ich entschied mich zum berufsbegleitenden Master-Studienlehrgang Energiemanagement an der Universität Koblenz-Landau in Deutschland. Das ist eine dreijährige Weiterbildung im Fernstudium für Inscheniöre und Ökonomen. Ich musste mich bewerben und wurde auf den 1. Oktober zugelassen. In der Schweiz habe ich leider keine vergleichbare Ausbildung gefunden.

Fast gleichzeitig beschloss ich, zu meinem früheren Arbeitgeber, Paranor AG, zurückzukehren — erstens war ich aus gutem Grund zwölf Jahr dort gewesen; zweitens gibt es neue, spannende Projekte und einen frischen (sprich: verjüngenden) Wind; und drittens geniesse ich dort das Privileg, Teilzeit arbeiten zu können, was die Weiterbildung überhaupt erst möglich macht. Seit Juni arbeitete ich 80%, ab Oktober noch 60.

Somit sind längere Reisepläne vorerst auf Eis. Das hielt mich aber nicht davon ab, so lange ich noch etwas Zeit habe, unseren Kasbah dennoch für weitere Abenteuer vorzubereiten und ihn innen erst mal etwas wohnlicher zu gestalten.


So werden wir ihn halt vorderhand als "Wohnmobil" missbrauchen. Dabei hilft die Vorstellung, dass man den Asphalt jederzeit verlassen könnte, wenn man nur wollte. Die Realität sieht — wie neulich im Südtirol — dann freilich anders aus. Macht nüt, s het trotzdäm gfägt!

Mittwoch, 31. August 2011

Melbourne "most liveable city 2011"

Ja, ein wenig trauere ich dem Jahr in Melbourne immer noch nach. Einer der Gründe ist sicher die hohe Lebensqualität, weswegen Melbourne eben von The Economist zur lebenswertesten Stadt 2011 erkürt wurde (BBC-Artikel (englisch) – danke Andrew!). Dies nachdem Vancouver die Liste während fast 10 Jahren angeführt hatte.


Die Rangliste:

  1. Melbourne
  2. Wien
  3. Vancouver
  4. Toronto
  5. Calgary
  6. Sydney
  7. Helsinki
  8. Perth
  9. Adelaide
  10. Auckland
(Orignal-Artikel)

Bild: Beat Ambühl

Bild: Beat Ambühl

Dienstag, 17. Mai 2011

Now give it a break

Es ist schon längst überfällig. Die Schränke in unserer neuen alten Wohnung sind eingeräumt.


Die Pflanzen auf dem Balkon sind ersetzt.


Unser Kasbah legte die letzten Etappe der Reise auf dem See- und dem Luftweg zurück und erhielt sogleich Auslauf im Jura.




Auf dem Steueramt sind wir wieder angemeldet — und haben bereits die erste Rechnung erhalten —, die Zahnkontrolle ist durch und beruflich komme ich langsam wieder auf geordnete Bahnen :-)

Das Wetter hat es unterdessen gut mit uns gemeint, was die "Re-Integration" erleichterte und meinem Fitnessprogramm förderlich war.


Zeit also, den Coooo-eeee-Blog vorderhand stillzulegen. So vieles hätte es noch zu schreiben gegeben, mindestens 15 Einträge habe ich als Entwürfe — oder auch nur als Titel — angefangen: Bahbie; Camping Part 5, 6 und 7; Warum das Tram ruckelt; Der Hut des Crocodile Dundee; Die Sache mit der Ökologie, und viele andere. Aber es kommt mir fremd vor, in Bern zu sitzen und weiterhin über Australien zu schreiben. Ich denke sehr gerne an unsere Zeit in diesem wirklich faszinierenden Land zurück. Manchmal wünsche ich mir, dort zu sein statt in der Schweiz, wo man in der Migros angemacht wird, wenn man die verschiedenen Arten Spaghetti auf dem untersten Regaltablar studiert und dabei den Durchgang für einige Sekunden blockiert.

Wenn wir nächstesmal nach Australien gehen, werde ich den Blog vielleicht fortführen. Bis dahin danke ich allen Lesern für die Zeit, die Ihr dem Folgen meines Blogs gewidmet habt, und für die positiven Feedbacks, mit denen Ihr mich angespornt habt. Es hat Spass gemacht zu recherchieren, zu schreiben und zu fotografieren; so habe ich selbst eine Menge gelernt und Australien mit anderen Augen angeschaut.

Wer selbst eine Reise nach Austalien plant, soll vor allem bedenken, wie riesig Austalien ist. Um einmal ringsum zu fahren sind 12 Monate wohl die bessere Planung als nur 6. Für einen "Kurzaufenthalt" von 3 bis 4 Wochen wären Victoria oder South Australia geeignete Regionen ohne dass man auch noch nach Sydney, Alice oder Brisbane fliegt.

Thanks and Coooo-eeee!
--
oliver

Mittwoch, 27. April 2011

Aussie Speak — Zugabe

In meinem letzten Blog-Eintrag habe ich ganz vergessen, die aktuelle australische Premierministerin, Julia Gillard, zu Wort kommen zu lassen.


Nun bin ich letzte Woche auf ein kürzliches Radio-Interview gestossen, in dem der Moderator, Alan Jones, sie auch kaum zu Wort kommen liess.



Download Interview

Was höre ich?
Ein eingespieltes Beispiel aus einer Diskussionssendung über Manieren im heutigen Australien (ABC National, AustraliaTalks)

Worauf achten?
Julia Gillard stammt aus Adelaide. Aber es geht hier weniger um ihren Dialekt als um die Tatsache, dass der Moderator sie mit "Julia" anspricht, während normalerweise "Prime Minister" oder allenfalls "Miss Gillard" verwendet wird. Auch fällt er ihr dauernd ins Wort. Sie weiss sich allerdings zu wehren.

Man stelle sich als Kontrast ein gesittetes Interview von Radio DRS mit Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey vor.

Generell kann man sagen, dass die städtischen Australier gut artikuliert sind, gezielt und fair diskutieren, und dass sie rasch auf den Punkt kommen. Sie werden von klein auf trainiert, andere von eigenen Ideen zu überzeugen. Holt man in einer Sitzung, in der Fakten diskutiert werden, etwas aus, so wird man schnell einmal aufgefordert, doch bitte auf den Punkt zu kommen, "can you cut to the chase, please?" (der Ausdruck stammt aus dem Film-Jargon, chase ist die Verfolgungsjagd).

Dienstag, 19. April 2011

Aussie Speak

Dass die Australier eine etwas eigenwillige Aussprache haben und teilweise eigene Wörter für Dinge verwenden ist mittlerweile allen bekannt. Arvo, Barbie, Billabong, Brekkie, Dinkum, Dunny, G'day, Joey, Jumbuck, Pommy, Simmo, Snag, etc. ist ein Vokabular, an das man sich zuerst gewöhnen muss, wobei diverse Web-Seiten helfen.

Dass die Australier mit praktisch geschlossenem Mund sprechen, damit keine Fliegen hineingeraten, kann ich nicht generell bestätigen. Aber wie tönt denn nun Australisch? – Diese Frage ist fast so schwierig, wie die Frage nach dem Schweizerdeutsch. Natürlich gibt es klare Muster, aber die variieren regional und von Familie zu Familie. Im Folgenden habe ich sechs mehr oder weniger typische Beispiele als Video- und Audiodateien zusammengetragen.

Hinweis für Leser, die eine Email-Benachrichtigung dieser Seite lesen: ich kann nicht vorhersagen, wie sich dieser Blog-Eintrag in Bezug auf die referenzierten Audio-Datein verhält. Im Zweifelsfall musst Du den Eintrag direkt auf der Webseite lesen.

Zuerst zwei Fernsehreklamen der ANZ-Bank, welche für besonders freundliche Kundenbetrerung werben. Bei der ersten einfach einmal zuhören.

Video 1 auf Youtube ansehen.

Welche Sprachmuster kannst Du im folgenden Video erkennen?

Video 2 auf Youtube ansehen.

Die Antworten befinden sich ganz unten auf der Seite.

Nun vier Interviews aus Radiosendungen, die von relativ wenig sprachlicher Kolorierung zu immer stärkerer "Färbung" gehen.



Download Interview 1

Was höre ich?
Ein Ausschnitt aus einer Diskussionssendung zur Zunkunft von eBooks (ABC National, AustraliaTalks)

Worauf achten?
Einfach mal zuhören und zu verstehen versuchen. Welche Sprechmuster aus Video 2 erkennst Du?




Download Interview 2

Was höre ich?
Ein Ausschnitt aus einem Interview mit Prof. Peter Mitchell über die kürzliche Entdeckung des Grabes des Buschpolitikiers und Aborigenee Bennelong (Radio ABC National, Hindsight)

Worauf achten?
Das "that's exactly right" als Antwort auf eine Frage.
Das here, welches wie das Deutsche "hia" klingt.
Das sehr weiche "th" der Sprecherin, das in Wörtern wie website oder hindsight fast tönt wie das Deutsche "sch". Das ist sehr typisch vor allem für Frauen.




Download Interview 3

Was höre ich?
Ein Ausschnitt aus einem Interview mit einem Lokomotiven-Restaurateur in Tasmanien (ABC Rural Reporter, Loco engine overhaul)

Worauf achten?
Das "i" in Wörtern wie cylinder und drill wird ähnlich wie das Hochdeutsche "ü" ausgesprochen.
Wiederum das here, welches wie das Deutsche "hia" klingt.
Day wird nicht wie das Berndeutsche "ei" sondern wie "äi" gesprochen. Sehr typisch Australien.
Hour ist nicht wie das Hochdeutsche "auer" sondern wie "eea" ausgesprochen.




Download Interview 4

Was höre ich?
Ein Ausschnitt aus einem Interview mit einem Farmer aus Queensland, der 140 alte Traktoren besitzt (ABC Rural Reporter, A super lot of tractors)

Worauf achten?
Das "i" in Wörtern wie time und like wird wie das Deutsche "oi" gesprochen.
Das ist richtiger Outback-Englisch-Sing-Sang. Durch die Nase schnell und für Ungeübte recht undeutlich gesprochen. Wer hier auf Anhieb alles versteht, ist für Reisen abseits der australischen Städte prädestiniert.


Antworten zu Video 2
Der britisch-englische Laut, der klingt wie 
  • das Berndeutsche "ei", wird in Australien meist als "äi" ausgesprochen: late, waste, waiting, complaint, go away (Beispiele aus dem Video)
  • das Hochdeutsche "ei", wird oft als "oi" ausgesprochen: sign you up, my, I
  • das Hochdeutsche "a", wird meist als "ä" ausgesprochen: half, asked, department
  • das Hochdeutsche "e" (z.B. Zelt), wird oft wie ein "i" (Zilt) ausgesprochen: whatEver
Die beiden letzten Punke kommen in Video 2 nicht sehr deutlich hervor, aber achte in den Radio-Interviews darauf.

Mittwoch, 13. April 2011

Tipps zum Wohnen und Arbeiten in Australien

In einem anderen Land leben, wohnen und arbeiten ist anders. Anders als zuhause und auch anders als im selben Land zu reisen. Der Aufenthalt hat mehr Tiefe und mehr Breite. Gewissen administrativen Abläufen, Mustern, Bräuchen und Eigenheiten kann man sich nicht entziehen wie das dem Reisenden möglich ist. Was ich in unserem Fall ohne weiteres Nachdenken sagen kann, ist, es hat sich gelohnt, auch wenn wir wenig Bedenkfrist und Vorbereitungszeit hatten. In dem Sinn kann ich allen empfehlen, zuzugreifen, wenn sich die Gelegenheit bietet; dafür zu arbeiten, einen längeren Auslandaufenthalt möglich zu machen; grosse Kompromisse einzugehen.


Im Folgenden versuche ich, die Quintessenz von dem, was eher unerwartet auf uns zukam zusammenzufassen. Es gibt jede Menge Literatur und Webseiten zum Thema (empfehlenswert: www.swissemigration.ch), sodass ich auch nicht versuchen muss, irgendwie vollständig zu sein. Die meisten der folgenden Aussagen gelten so auch für Wohnen und Arbeiten in vielen anderen Ländern, nicht nur in Australien.

Dies ist ein etwas längerer Blog-Eintrag, also jetzt zuerst eine frische Tasse Kaffee oder Tee holen.

Ds Füfi u ds Weggli
Eines ist klar: die wenigsten werden beides kriegen. Die berufliche Karriere in der Schweiz wird mindestens zeitweise auf Eis liegen; der Lohn im Ausland wird höchstwahrscheinlich tiefer sein; Wohnung oder Haus in der Schweiz wird man aus finanziellen Gründen untervermieten oder aufgeben müssen; der Kontakt zu vielen Freunden zuhause wird sich etwas abschwächen; der persönliche Komfort kann leiden; etc. Im Gegenzug erhält man unbezahlbare Erlebnisse und Erfahrungen, die einem niemand mehr nehmen kann.


Sicherheit
Als der Welt bestversichertes Volk muss man als Schweizer fast zwingend Sicherheit aufgeben. Niemand garantierte mir einen Job; Erwerbsausfall lässt sich oft nicht versichern — entweder weil das fremde System anders funktioniert, oder weil man dort noch nicht berechtigt ist; je nach Land ist die politische Situation unstabil oder die Kriminialität höher (für Australien traf keines der beiden zu); etc.


Visum
Auch in Australien gibt es das Huhn—Ei-Problem: kein Job ohne Visum, kein Visum ohne Job (ausser illegales Beerenpflücken, Haushalthilfe, etc.). Hier lohnt es sich, sorgfältig zu recherchieren und genau zu wissen, worauf man sich einlässt, falls man ohne Arbeitsvisum einreist, aber die Idee hat zu arbeiten. Monatlich bewerben sich in Australien zehntausende Ausländer um ein Arbeitsvisum. Geht man als Paar, ist es ratsam, dass sich der besser qualifizierte Partner für ein Arbeitsvisum bewirbt, und dass der andere unter einem Partner-Visum (spouse visa) ins Land kommt. Wer von beiden mehr Chancen hat, kann man im skilled-immigration-points test einfach herausfinden. In unserem Fall hat sich der Beizug eines immigration agent durch Jeannines Arbeitgeber sehr gelohnt.

Wie lange?
Aus unserer gemachten Erfahrung ist die Antwort relativ eindeutig: entweder man bleibt gerade unter 12 Monaten und meldet sich in der Schweiz nicht ab. Oder man meldet sich ab und bleibt gerade zwei Jahre. 15 Monate wie in unserem Fall sind im organisatorischen Aufwand—Ertrag-Verhältnis eher schlecht. Hier sind einige Gründe:
  • Rückflugtickets lassen sich auf maximal 12 Monate hinaus buchen. Darüber muss man zwei teurere einfache Tickets kaufen.
  • In der CH abgemeldet, habe ich keine Schweizer Unfallversicherung mehr gefunden, die mich nach Ablauf der Abredeversicherung weiter versicherte; die Krankenkassen können einen auch über 12 Monate hinaus weiterversichern, was die Regel scheint. Und da meines Wissens ausser der CH kein Land die blöde Unterscheidung in Kranken- und Unfallversicherung macht, kann man sich im Ausland dann nicht nur für letzteres versichern (dort wird einfach health care angeboten, welche alles umfasst). SIP war für mich die Lösung.
  • Egal ob es ein Doppelbesteurungsabkommen zwischen der Schweiz und dem Zielland gibt, man muss sich damit befassen, was mit der Steuerpflicht in beiden Ländern gilt. Und man wird wahrscheinlich an beiden Orten eine Steuererklärung ausfüllen (lassen) müssen.
  • Die meisten Länder haben eine Pensionskasse; auch hier muss man verstehen, wie das funktioniert, und ob man nach der Rückkehr in die CH das angehäufte Guthaben zurücknehmen kann.
  • Ab- und Wiederanmelden von Telefon, Mobil-Abo, Internet, TV, etc. ist je nach Vertrag kostspielig und zeitaufwändig (unüberschaubares Angebot, nicht vergleichbare Bedingungen, technische Schwierigkeiten, etc.). Das ganze findet dann im Zielland gleich nochmals statt.
  • Abmelden, Wiederanmelden, Einstellen und Warten von Fahrzeugen.
  • Hausrat- und Haftpflichtversicherungen im Zielland.
  • Temporär importierte Fahrzeuge können maximal 12 Monate in Australien bleiben (siehe unten).
  • Umleitung der Post an eine andere Adresse in der Schweiz kostet ab dem 13. Monat CHF 20 pro Monat.
Sprache
Hier gibt es mehrere Ansätze:
  • man spricht die Sprache gut und springt einfach ins kalte Wasser
  • man spricht die Sprache praktisch nicht und besucht im Zielland mindestens zwei Monate eine gute (sprich: strenge!) Schule bevor man die Arbeit aufnimmt
  • man eignet sich bereits in der Schweiz Basiskenntnisse an und besucht im Zielland zuerst eine Schule
Aus eigener Erfahrung würde ich die dritte Lösung nicht wählen: in der Schweiz eine Sprache mit Abendkursen, Hausaufgaben, etc. zu lernen ist langwierig, teuer und macht weniger Spass als im Zielland gleichzeitig Sprache und Kultur einzusaugen und gleich anzuwenden.


Wohnung untervermieten?
Diesmal hatten wir etwas Pech, aber die ersten zweimal, 2000 und 2006, waren problemlos. Grundsätzlich kann man wohl sagen, dass es umso schwieriger ist, überhaupt einen Untermieter zu finden, je teurer die Wohnung ist. Es war immer eine Zitterpartie, bis wir einen Untermieter hatten. Geht man zwei Jahre weg, lohnt es sich wohl meistens, die Wohnung einfach zu kündigen.


Eigenes Fahrzeug
Ob es sich lohnt, sein eigenes Fahrzeug mit nach Australien zu nehmen, hängt ganz wesentlich vom Fahrzeug ab. Wenn man ein ähnliches und ähnlich ausgerüstetes Fahrzeug auch in Australien kaufen oder innert nützlicher Frist aufbauen kann, dann lohnt es sich nicht. Ein Fahrzeug permanent nach Australien zu importieren ist mehr als ein administrativer Hürdenlauf, zudem fährt man dort auf der falschen Seite. Ein temporärer Import, wie wir das gemacht haben, ist teuer und auf 12 Monate begrenzt (hat sich für uns aber trotzdem sehr gelohnt).


Sozialer Anschluss
Im Zielland hat niemand auf einen gewartet. In vielen Ländern kommt man vielleicht über die Arbeitsstelle zu sozialem Anschluss in der Freizeit, aber in Melbourne war dies nicht so einfach, weil die Leute Arbeit und Freizeit ziemlich klar trennen. Clubs sind eine hervorragende Möglichkeit, sich mit den "Eingeborenen" ;-) zu integrieren — dort lernt man sie bei dem kennen, was sie am liebsten tun, und sie sind dementsprechend offen gegenüber anderen mit gleichen Interessen.


Vorbereitung
Fast übe jedes Land gibt es nicht nur Reiseführer, sondern auch Bücher über Kultur und Mentalität, z.B. Culture Shock! Australia: A Survival Guide to Customs and Etiquette. Aber für Australien hat mir das Hörbuch von Bill Bryson, In a Sunburned Country (englisch) am besten gefallen. Ich kann es immer wieder von neuem hören. Danke Gaby.

Spezifische Fragen beantworte ich gerne als Kommentare auf der Webseite zu diesem Blog-Eintrag.

Montag, 28. März 2011

Endlich! Die Bilder

Von den gut 5'600 Bildern, die wir zwischen Dezember 2009 und Februar 2011 in Australien und Neuseeland geschossen haben, blieben nach einer ersten Durchsicht noch gut 3'500 übrig, die es in den vergangenen drei Wochen zu bearbeiten, zu bewerten, zu sortieren und weiter zu reduzieren galt.



Seit fünf Jahren verwende ich dazu Adobe Photoshop Lightroom auf dem Mac, ein professionelles Werkzeug, das mit Hundertausenden von Bildern zurecht kommt und den gesamten Workflow in der Arbeit mit digitalen Bildern unterstützt. Die Arbeit damit macht mir Spass und gibt mir das Gefühlt, dass ich meine mittlerweile gegen 15'000 Bilder im Griff habe. Die Interessierten finden ganz unten mehr zu Lightroom.

Sind die Bilder einmal alle in Lightroom geladen, gehe ich folgendermassen vor:
  1. ich schaue mir jedes Bild gross an und entscheide, ob ich es gleich lösche, ob es einer leichten Bearbeitung bedarf, oder ob ich es unverändert lasse
  2. ich lösche alle entsprechend markierten Bilder
  3. ich bearbeite die entsprechend markierten Bilder (Belichtung, Farbtöne, Ausschnitt, Geradestellen des Horizonts, Schärfen, etc.); dabei lösche ich weitere Bilder
  4. ich bewerte alle Bilder mit Sternen (1 bis 5); dabei lösche ich weitere Bilder und bearbeite andere erstmals oder nochmals
  5. ich vergebe jedem Bild Schlüsselwörter zum Inhalt, z.B. 2011, baum, eukalyptus, snowgum, herbst, oz, tasmania

Erst jetzt ist eine Auswahl von Bildern möglich:
  1. ich lasse mir mal alle Bilder mit 4 und 5 Sternen anzeigen und selektiere daraus
  2. die Gewählten markiere ich rot, so sehe stechen sie in der Gesamtübersicht heraus
  3. ich gehe durch alle Bilder und wähle weitere aus, die die bisher selektierten ergänzen oder neue Aspekte hinzubringen
  4. ich sortiere die ausgewählten Bilder, sodass darum herum ein Erzählfluss möglich wird (wenn ich das will); oft braucht es dazu nochmals mehr Bilder
Insgesamt habe ich so jetzt gut 300 Bilder ausgewählt. Zeigt man jedes Bild 6 Sekunden — was ziemlich lange ist – dann sind sie in gut 30 Minuten vorgeführt — was erträglich ist.

Gegen ein Nachtessen zeige ich die Bilder auf Anfrage gerne in voller Auflösung und Farbe (Fahrtspesen verrechne ich keine ;-)

Wer nun nicht auf die ganze Kollektion warten kann oder will oder zuerst noch abwägen muss, ob sie eine Nachtessen wert ist, für den habe ich daraus nochmals eine Auswahl getroffen. Sie ist nur noch 50 Bilder gross und ein guter Querschnitt durch 15 Monate Australien.





Die 50 Bilder gibt's hier in Picasa als Slideshow mit besserer Auflösung.


Lightroom Workflow-Unterstützung
  • Importieren von der Kamera
    Dabei können die Bilder gleich umbenannt, mit Copyright-Kommentar, Schlüsselwörtern, etc. versehen werden
  • Verwalten
    Physische Ordnung, selektieren, markieren, filtern, versehen mit Schlüsselwörtern, bilden von Alben, exportieren, etc.
  • Korrigieren
    Alle Arten von Linsen, Belichtungs- und Farbfehler korrigieren; schärfen; Ausschnitt wählen; drehen, etc.
    Mit Lightroom kann aber der eigentliche Bildinhalt nicht umgestaltet werden, wie dies sein Name (Adobe Photoshop Lightroom) erahnen liesse.
  • Präsentieren
    Am Bildschirm oder mit Projektor, Auswahl von Hintergrund und Einblendungen, etc.
  • Drucken
    Anordnen von mehreren Bildern auf ein Blatt, Randabstände, etc.
  • Publizieren im Web
Es sind drei Dinge, die ich an Lightroom besonders schätze
  • Die Bilder werden beim Korrigieren nicht physisch verändert. Lightroom merkt sich nur, welche Bildtransformationen man vorgenommen hat. Dadurch bleiben die Original erhalten, korrigierte Versionen können jederzeit exportiert werden
  • Alle systematischen Vorgänge (z.B. umbenennen von Bildern zu einem bestimmten Namensmuster, importieren an einen bestimmten Ort oder präsentieren von Bilden mit definierten Bildübergängen) können mit Namen versehen und für spätere Wiederverwendung abgespeichert werden.
  • Fast alle Operationen können über Tastaturkürzel abgerufen werden, was besonders handlich ist, wenn man Tausende von Bildern bearbeiten will

Freitag, 18. März 2011

Home, sweet (?) home ...

Nun bin ich schon wieder fast zwei Wochen zurück in der Schweiz. Aus der Erfahrung früherer Auslandabwesenheiten wusste ich, dass das Einleben problemlos sein und mich der Alltag rasant wieder "schlucken" würde. Beides ist nicht so eingetroffen.

 Ein australischer Soldat in Europa erkundigt sich nach Zuhause
(Postkarte, War Memorial Museum, Canberra)

Es begann am Flughafen, wo ich von Jeannine und Dölf abgeholt wurde. Bereits im Parkhaus fuhr Dölf auf der vermeintlich "falschen" Seite. Tja, 30'000 km Linksverkehr schüttelt man halt nicht in "the blink of an eye" ab.


Es dauerte zwei, drei Tage, bis ich mich als Beifahrer wieder daran gewöhnt hatte. Selbstfahren war von Anfang an kein Problem. Aber zu Fuss in der Stadt hält es immer noch an: im Coop schneide ich die Linkskurve ums Gestellt und stosse fast mit einem korrekt entgegenkommenden Wägeli zusammen; in der Stadt weiche ich entgegenkommenden Fussgängern instinktiv nach links aus, wobei ein Zusammenstoss ebenfalls vorprogrammiert ist.

Im anfänglichen jet lag fielen mir speziell am Morgen früh die Kirchenglocken auf: 05:00, 05:15,  05:30 ... Kirchenglocken gibt's in Australien kaum, sicher nicht viertelstündlich

Als wir noch in Melbourne wohnten, sagten uns Freunde und Bekannte oft, "ach, was können wir Euch von der Schweiz sagen? Hier passiert nicht viel". — Das ist natürlich nicht war. Seit Dezember verkehrt das Tram Bern West (und es gibt sogar ein Buch dazu!). Das Musikhaus Jecklin hat sein Geschäft auf Zürich konzentriert.


In unserem Quartier stehen drei neue Wohnblöcke. Die West- und Nordautobahn um Bern ist eine riesige Baustelle. Berns öV-Netz hat neue Billetautomaten (endlich!) erhalten. Die Schanzenpost wird umgebaut und befindet sich temporär an der Effingerstrasse. Das Vatter Biogeschäft am Bärenplatz wird demnächst schliessen. Die NZZ kostet neu Fr. 3.70. In der Migros gibt's neue Terra Chips "Züri Geschnätzlets". An der Marktgasse mahnt ein neues, freundliches Velo-Parkverbot:


Vieles ist natürlich geblieben: die meisten Geschäfte schliessen immer noch um 18:30. Züri West nehmen am Morgen ihren Kaffee immer noch in der Markthalle. Mario Torriani und Reeto von Gunten moderieren immer noch bei DRS3; Bernhard Schär leider auch. In der Migros kriege ich einen Garantieschein für das Aussenthermometer (Fr. 3.80). Nach dem Wiedereinlösen unseres VW kam per Post zuerst die Aufforderung zur Fahrzeugprüfung, erst zwei Tage später kam der Fahrzeugausweis. Die Gesichter der Leute, die durch die Stadt gehen, sind eher grau und angespannt; alle marschieren fokussiert auf ein unsichtbares aber unheimlich wichtiges Ziel zu. Mobil telefonieren ist immer noch gleich teuer. Der Springbrunnen auf dem Bundesplatz wird methodisch und gründlich auf die neue Saison vorbereitet.


Die Schweiz, und insbesondere Bern, ist klein geworden. Das fiel mir 1996 nach sechs Monaten Südamerika nicht auf, obwohl wir zwei Wochen in der 13-Mio-Stadt Buenos Aires verbracht hatten. Ich beginne zu verstehen, warum Touristen denken, zwei Tage reichten aus, um die Schweiz zu sehen. Wir haben manchmal die Tendenz, uns wichtiger zu nehmen als wir wirklich sind. (Natürlich reichen zwei Tage NICHT aus!).

Dafür, dass mich der CH-Alltag nicht so schnell verschluckt, ist gesorgt, da ich noch nicht zu arbeiten begonnen habe. Nach 13 Jahren hatte ich per Ende 2009 bei Paranor gekündigt. Vielleicht gehe ich wieder zurück, aber ich will mir jetzt ein paar Wochen Zeit lassen zu überlegen, was ich will, und zu schauen, welche Optionen es gibt. Bis jetzt gaben das Wiedereinrichten und die vielen Fotos genügend zu tun. Das allererste Problem, das ich zu lösen hatte, war der Internet-Zugang aus unserer Wohnung— und wie informiert man sich dazu am besten? Übers Internet ...

Und dann habe ich am Mittwoch noch einen Fehler gemacht: die Batterie unserer elektronischen Personenwaage hatte den Geist aufgegeben. Nach dem Einlegen einer neuen Batterie nahm ich sogleich einen Funktionstest vor. Jetzt habe ich mir ein Fitnessprogramm verabreicht.

Mittwoch, 9. März 2011

Interview — Teil 5 (Schluss)

Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4


Coooo-eeee: Wir sitzen jetzt auf Eurer Terrasse in Bern — ist Dir kalt?

Oliver: Ich verstehe auch nicht, weshalb wir dieses Interview um 7 Uhr morgens machen müssen. Es ist unter null! In Neuseeland war Sommer! (Sommer ist für mich, wenn ich am Morgen nach dem Aufstehen nicht überlegen muss, ob ich kurze Hosen anziehen soll …).

Was ist mit den Pflanzen neben Dir los? Die sehen nicht so gesund aus.

Unser Untermieter — der nach eigener Aussage leidenschaftlicher Koch ist, sich bestens mit den Nachbarn versteht und einen grünen Daumen hat — erachtete es nicht für nötig, die Balkonpflanzen im Frühling aus- und im Herbst wieder einzupacken. Sind wohl alle erfroren. Die Nachbarn waren offenbar froh, als er das Haus wieder verliess. So lernt man die Leute kennen. 2000 und 2006 hatten wir dafür sehr gute Untermieter, das tröstet. Aber wären wir das Risiko nit eingegangen, dann müssten wir jetzt zuerst eine Wohnung suchen, oder wir hätten Bern gar nie verlassen, denn Jeannines Anfangstermin war ja vorgegeben. Auf Englisch sagt man, you can't keep the cake and eat it, too ("ds Füfi u ds Weggli").

Reisen

(klicken für Vergrösserung)

Wie war die Australien-Umrundung?

Das haben uns schon einige Leute gefragt, als sie hörten dass, wir drei Monate in Australien reisen. Dafür müsste man ein Jahr Zeit haben. Nein, wir haben Victoria noch etwas weiter erforscht, den südlichen Teil des Staats South Australia und Tasmanien. 10'000 km. Ah, und im September waren wir im Outback, 5'500 km (siehe Blog-Einträge).


Wart Ihr auch von den Überschwemmungen betroffen?

Nicht direkt, denn Queensland, wo sie am schlimmsten waren, war gut 2'000 km von unserer Reiseroute entfernt. In Victoria gab es Überschwemmungen, nachdem wir dort durchgereist waren. Indirekt waren wir aber ziemlich betroffen, den die Wetterausläufer stahlen dem Sommer die Show. Wohl hatten wir ums Neujahr 45°C, aber die wirklich schönen Tage und die lauwarmen Abende lassen sich fast an zwei Händen abzählen. Vor allem in Tasmanien hatten wir in gut drei Wochen nur fünf oder sechs wirklich schöne Tage. Und das im Hochsommer.

Was zieht so viele Leute nach Australien in die Ferien?

Australien ist landschaftlich sicher einzigartig und sehr divers. Dann haben die Leute auch gerne warm, wenn sie in die Ferien gehen. Was für mich vor allem zählt, ist das Gefühl von space (Raum). Es geht mir dabei nicht einmal so sehr um die unendlichen meist eher eintönigen Weiten, sondern dass man die Natur geniessen kann ohne störende, von Menschenhand erstellte Strukturen. Und dass man beim Campieren oft den Eindruck hat, man sei ganz alleine in der Natur. Ein paarmal hatten wir einen Campingplatz für uns alleine.

Ein australisches Paar, das Australien über ein Jahr lang mit dem Velo bereiste, erzählte uns, sie hätten auf den langen, öden Strecken meist neben einem Roadhouse campiert. Aber alle Europäer hätten beim Roadhouse nur Wasser aufgefüllt und hätten zwischen den Radhouses campiert, weil sie genau dieses Gefühl von space haben wollten.

Welche Tipps kannst Du unseren Lesern geben, wenn sie eine Reise nach Australien planen?

Erstens: Australien ist waaaaahnsinnig gross. Ausser man hat sechs Monate oder mehr Zeit, sollte man sich auf eine oder zwei Regionen beschränken. Es käme ja keinem Europäer in den Sinn, in drei Wochen von Stockholm über Lissabon nach Athen zu fahren.


Zweitens: Vergesst mal die klassische Route von Sydney nach Cairns, die Great Ocean Road oder den Ayers Rock (Uluru) . Obwohl extrem schön, sind die mittlerweile alle obertouristisch. Ich selbst bin richtig Fan von Victoria geworden. Da kann man locker einen tollen Monat verbringen. Alle scheinen dieselben Monumente besuchen zu wollen, die sie schon auf tausend Bildern gesehen haben — sucht doch zur Abwechslung mal "the Space" und erlebt die Natur, wo man sie fast für sich alleine hat.

Drittens: Australien ist "the World's Camping Nation". Und die schönsten Orte sind nicht etwa die Holiday Parks (siehe diesen Blog-Eintrag), sondern die ganz einfachen Campingplätze in den Nationalparks, Forest Parks, etc. Die sind in Victoria meist gratis (es gibt allein dort mindestens 300 davon), sonst kosten sie zwischen 5 und 13 Dollar pro Auto. Nur für etwa 10% davon braucht man einen 4x4 um hineinzukommen. Dieses Buch ist die Camping-Bibel: Camping in Victoria.
Am Morgen erwacht man meist zu Vogelgezwitscher oder zu Meeresrauschen. Das werde ich in der Schweiz sicher vermissen!

Was waren die Highlights Eurer Reise?

Uns hat die Küste der Eyre-Peninsula in South Australia extrem gut gefallen. Camping at its best! (Blog-Eintrag)

Dann hat uns Canberra sehr positiv überrascht. (Blog-Eintrag)

Der Otway-Nationalpark an der Great Ocean Road wird gerne übersehen — man fährt mittendurch —, wir haben dort fast eine Woche verbracht. Die Triplet Falls und der Walk dazu waren grossartig.


Beechworth, im Norden von Victoria, war die totale Überraschung; ein ehemals reiche Goldgräberstadt mit fast vollständig erhaltenem Kern.


Im Flugzeug über die Südspitze von Tasmanien zu fliegen und mit dem Boot durch den Bathurst Harbour zu fahren war umwerfend.


Was war eher enttäuschend?

Kangaroo Island wird sehr gut vermarktet, bietet aber eigentlich nicht mehr als das Festland auch. Zudem ist die Fähre teuer und das Camping mittelmässig. Können wir eigentlich nicht mit gutem Gewissen empfehlen.

Fast jeder Australier (mit wenigen Ausnahmen) haben unsere Erwartungen für Tasmanien sehr hoch gehen lassen. Der Wälder im Westen mit den schwarzen Flüssen (das Wasser ist vom Tannin von verrottenden Pflanzen gefärbt) sind toll, und die Kurzwanderungen (Blog-Eintrag) sind einzigartig.


Aber Tasmanien ist die Ferieninsen der Australier, und die Tasmanier scheinen der Invasion etwas müde. Es hat uns gut gefallen und ist empfehlenswert, doch vieles, was so gepriesen wird, findet man in Victoria auch. Und anderes ist in Neuseeland noch schöner. Wer aber richtig wilde, mehrtägige Wandertripps mit Zelt will, der ist hier goldrichtig. Dafür werde wir irgendwann nochmals hingehen!

Ist Reisen in Australien auf eigene Faust einfach oder schwierig?

Ich finde es sehr einfach, so lange man sich nicht wirklich ins Outback hinein begibt. Es gibt sehr gutes Karten- und Infomaterial und gute Reiseführer; überall hat es Bancomaten; mit Telstra hat man eine sehr gute Abdeckung mit dem Mobiltelefon und mobilem Internet (wireless broadband); grosse Supermärkte (Coles, Woolworths, Safeway) oder kleine (z.B. Foodworks) gibt's überall. Australien ist sicher und die Leute sind sehr hilfsbereit.

Fährt man auf Pisten oder gar auf eigene Faust im Outback, dann muss man sich vorher unbedingt genau informieren und mindestens mit zwei Fahrzeugen reisen. Es gibt Strecken, da kommt wochenweise niemand vorbei. Ein Satellitentelefon ist dann sicher ein gute Idee. Wir haben unser Thuraya mit der Swisscom-SIM-Karte betrieben; dadurch braucht man kein spezielles und teures Abo.

Hat sich Euer Kasbah bewährt?

Und wie! Australien ist genau das Land, um ein solches Fahrzeug zu nutzen. Wir haben das Auto ja für eine zukünftige Reise nach Südamerika aufgebaut, und es war zeitlich nur mit dem grossen Schuhlöffel möglich, es gerade noch rechtzeitig so weit fertigzukriegen, dass es überhaupt sinnvoll war, es nach Australien mitzunehmen. Inzwischen ist es, wenn auch noch nicht fertig (wird es das überhaupt jemals?), reisetauglich und bereits reiseerprobt. Wir sind eine Woche autark (Wasser, Lebensmittel) und haben eine Reichweite von über 2000 km, bevor wir wieder die Zivilisation brauchen (tanken, Wasser auffüllen, einkaufen, waschen, Akkus laden, etc.)


Wurdet Ihr oft auf das Auto angesprochen?

Zeitweise mehrmals täglich. Wir hätten es mehrfach verkaufen können, denn so etwas verkehrt in Australien kaum. Dort ist ein klassisches 4x4-Fahrzeug (Toyota Landcruiser, Nissan Patrol, o.ä.) mit oder ohne geländegängigen Anhänger gebräuchlich. Oder dann das normale, nicht geländefähige Wohnmobil in jeder Grösse.
Aus diesen Gesprächen haben wir sehr viel gelernt und viele interessante Leute getroffen. Ich komme mittlerweile zum Schluss, dass es sich lohnt, ein aussergewöhnliches Fahrzeug zu haben, egal wie alt oder modern. Ein umgebautes Feuerwehrauto wäre ideal. Man erfährt so viel Interesse und Unterstützung von der lokalen Bevölkerung, und etwas besseres kann einem beim Reisen gar nicht passieren: die Zeit der Locals zu haben und ihre Meinung zu ihrem Land, zu ihrer Regierung, zu ihren Problemen zu hören. Das entgeht einem, wenn man ein Nullachtfünfzehn-Vehikel unterwegs ist.

Wie viele Bilder habt ihr geschossen?

In dem Jahr in Melbourne ungefähr 1500 und beim Reisen gut 2000. Letztere sind immer noch "in der Mache", ich werde dann eine Auswahl ins Internet stellen und den Link in einem Blog-Eintrag bekanntgeben.


Ist Australien damit für Euch reisemässig abgehakt?

Ganz im Gegenteil. Wir haben ja erst ein bisschen vom Süden und vom Zentrum gesehen. Wir können uns dort leicht nochmals sechs bis zwölf Monate "beschäftigen". Aber nicht gerade nächstes Jahr.