Sonntag, 26. September 2010

Leigh Creek, *1976

Am südlichen Rand der Strzelecki Desert fallen pro Jahr im Schnitt nur gerade 180mm Regen, die Region ist eher eintönig, und in die nächstgrössere Stadt, Port Augusta, sind es 260 km. Trotzdem wurde 1976 hier eine neue Stadt gegründet, auf dem Reissbrett entworfen und gebaut, Leigh Creek, 700 Einwohner.


Wie Broken Hill (NSW) ist auch Leigh Creek einen Minenstadt. Hier wird aber nicht unter Tag Erz abgebaut, sondern über Tag Braunkohle gefördert. Und zwar im grossen Stil, pro Tag 12'000 Tonnen, in einer sogn. open-cut mine. Das erledigen 300 Arbeiter, alles inklusive.


Leigh Creek ist aber nicht nur speziell, weil es eine Retortenstadt neueren Datums ist (die ersten Bewohner zogen 1981 in die Reihenhäuser ein). Der Standort von Leigh Creek wurde sorgfältig ausgewählt, nicht zu nahe an der Mine, nicht zu weit weg. Am Fuss von zwei Hügeln, etwas über der Ebene, mit Blick auf die Flinders Ranges. Als eine der ersten Aktionen nach Festlegung des Ortsplans, wurden 250'000 Baumsetzlinge gepflanzt und mit künstlicher Bewässerung grossgezogen.


Das Dorf ist hinter und in den Bäumen

Satellitenbild (klicken für Vergrösserung)

Leigh Creek bietet alles, was man zum Leben braucht, und verströmt mit den vielen Bäumen und den kurvig angelegten Strassen sogar etwas Charme: natürlich gibt es eine Tankstelle, einen Supermarkt, ein Postbüro, einen Polizeiposten. Es hat eine Taverne, ein Spital mit 50 Betten, 3 Parks, eine Schule mit mehr als hundert Kindern, einen Metzger, das Open Cut Café, welches auch gleich die Touristeninformation ist, ein 50-Meter-Schwimmbad, Tennisplätze, Sporthallen, einen Flugplatz mit zwei Pisten, und vieles mehr. Der Zahnarzt kommt alle zwei Wochen.

Shopping Centre

Typische Strasse mit Wohnhäusern



Es gibt sogar einen Friedhof, der allerdings noch viel freien Platz hat. Speziell ist auch, dass die Stadt nicht von einer öffentlichen Verwaltung betrieben wird. Es gibt zwar ein town committee, aber dieses wie alle anfallenden Infrastruktur- und Logistikaufgaben werden vom Minenbetreiber gestellt resp. geleistet. So z.B. die Müllabfuhr, die Pflege der Bäume und Parks, die Reparatur des Wasserhahns, die Beschaffung einer neuen Sonnenstore, alles. Die Stadt ist also wörtlich company-owned.

Um die Stadt geht ein Hag, damit die Dingos draussen bleiben. Im Gegenzug sind Touristen sehr willkommen, die exzellente Tour durch die Mine war gratis, und die Bewohner scheinen sehr zufrieden, da sie u.a. auch den zu Mine gehörenden See benutzen dürfen.

240-Tonnen Dump Cart
(Quiz: wie viele dieser Wägelchen sind im zweiten Bild zu sehen?)

Sonntag, 12. September 2010

BH 285

Im Vergleich zur Schweiz ist der Staat Victoria gross, doch ist der Staat New South Wales noch viel grösser. Und ganz im Westen von NSW, fast schon in South Australia, liegt eines der Tore zum australischen Outback.


Und karg wie das Outback sind auch die Strassenschilder: Broken Hill, 285 km. Broken Hill (knapp 20'000 Einwohner) stellt seinen enormen Reichtum nicht zu Schau, obwohl man glorreichere Zeiten an den breiten Strassen und den schon fast pompösen Hotels im typischen Stil erahnen kann.


Broken Hill ist eine der ältesten Minenstädte von Australien, und es werden vor allem Blei, Silber und Zink abgebaut. Während vor 100 Jahren tausende von Mineuren ihre Gesundheit im Bergbau ruinierten, wird heute über 1000 m unter Boden maschinengestützt gebohrt und weggeräumt. Gesprengt wird per Computer nachdem alle Bergleute in Sicherheit sind.

Die Stadt wurde lange Zeit fast ausschliesslich von den Gewerkschaften (unions) kontrolliert, und ohne union membership gab's keine Arbeit, auch nicht als Kaufmann oder Lehrerin. 1909 streikten die Mineure während 18 Monaten. Das bedeutete für die Unternehmer 18 Monate keine Einnahmen und für die Arbeiter 18 Monate keinen Lohn. Letzeres war nur durch die Unterstützung durch die unions möglich, die ihre Mitglieder gratis mit Lebensmitteln versorgten.


Die Labourpartei (aktuell die stärkste in Australien) gründet u.a. auf den unions von Broken Hill.
Als in den 60er-Jahren der höhere Automatisierungsgrad weniger Bergleuten Arbeit gab, und viele jüngere Leute abwanderten, fassten die unions den Entschluss, dass verheiratete Frauen nicht mehr arbeiten durften. Dies wurde von den Frauen akzeptiert und blieb bestehen bis in die 80er-Jahre!
Heute ist der Tourismus das zweite Standbein von Broken Hill, und die Stadt vermarket sich als "Oase in der Wüste", fördert die Kunst und hat mehr als 20 Galerien.

Mad Max entstand übrigens 30 km westlich, und aktuell wird eine Fortsetzung gedreht. Sicher kommt darin das Silverton Hotel auch wieder vor.

Montag, 6. September 2010

Der Frühling

Als das Wetter uns im Juni immer noch jedes zweite Wochenende die Umgebung von Melbourne geniessen liess, dachten wir, das würde den ganzen "Winter" so weitergehen. Es ging nicht so weiter. Obwohl die Temperaturen im Juli und August tagsüber kaum unter 10° C lagen, war das Wetter doch eher trüb, die Tag kurz (wenn auch nicht so kurz wie im Schweizer Winter), und oft ging ein unangenehmer Wind. Kommt dazu, dass die Gebäude in Australien nicht für kältere Temperaturen gebaut sind. Unsere Wohnung hat nur einfache Verglasung, und die automatische Lüftung sorgt dafür, dass durch die eher billig ausgeführten Fenster- und Balkontürdichtungen laufend mehr neue Luft nachgesogen wird, als die Heizung aufwärmen kann. Mit ein paar Tricks liess sich die ungewollte Frischluftzufuhr unterbinden, aber so richtig warm wurde es trotzdem nie. So langsam sehnten wir uns den Frühling herbei.

Viele Australier scheinen mit der fehlenden Wärme weniger Probleme zu haben als wir wintererprobte Schweizer, doch diesem Thema werde ich mal einen separaten Blog-Eintrag widmen.

Schliesslich, vor etwa 10 Tagen, plötzlich die ersten Anzeichen: Schlüsselblumen und Knospen.




Ohne aber nun länger auf Herrn Frühling zu warten, nahmen wir am Sonntag reisaus, und sind damit beim dritten Thema meines Blogs, das ja heisst, "Ein Jahr leben, arbeiten und reisen in Australien": bevor es im Outback zu heiss wird (teilweise gegen 50°C), haben wir uns Richtung Zentrum aufgemacht. In den kommenden drei Wochen wollen wir ein paar der klassischen stock routes befahren. Bis in die 1960er Jahre wurde Millionen von Rindern aus den Weidegebieten im Norden und im Zentrum Australiens über diese Routen zu den Märkten im Süden getrieben. Heute sind diese Strecken vor allem für 4x4-Fahrzeuge interessant.


Aktuell sind wir in Mildura im Norden von Victoria, etwa 500 km NW von Melbourne. Hier ist bereits Frühling.



Als nächtes wollen wir zum Darling River und den Menindee Lakes fahren. Nach vielen Jahren Trockenheit führt der Darling River heuer das erstemal wieder Wasser. Das müssen wir natürlich sehen!