Sonntag, 26. Dezember 2010

25. Dezember, Memory Cove

Als der Engländer Matthew Flinders mit seinem Schiff Investigator 1802 die südaustralische Küste kartografierte, ertranken acht seiner Seemänner, als ihr Boot beim Versuch Trinkwasser aufzutreiben von einer Strömung erfasst wurde und kenterte. Flinders nannte die Bucht zum Gedenken Memory Cove.


Heute ist diese extrem schöne Bucht in die Memory Cove Wilderness Protection Area (Google Map) integriert, welche ihrerseits Teil des Port Lincoln National Parks ist. Maximal 15 Fahrzeuge werden pro Tag in die Area eingelassen (einen Schlüssel für das Tor gibt's gegen ein Depot von $50 auf dem Visitors Centre in Port Lincoln), und in Memory Cove selbst ist einer jener Camping Grounds, von denen man noch Jahre später schwärmt: gleich hinter den ersten Dünen, 20 m vom Strand, befinden sich fünf nummerierte und abgesteckte Plätzchen unter Mallee- und Eukalyptusbäumen.


Das Meer ist klar und lud zum ersten Bad der Saison ein.


(Fürs Protokoll sei erwähnt, dass Beat bei seinem Besuch bereits vor einem guten Monat in Apollo Bay die Saison diesbezüglich eröffnet hat, bei geschätzten 16°C).

Man hat uns vielfach versichert, dass es ab dem 26. Dezember an allen Campingplätzen am Meer zugeht wie in St. Moritz am 26. Dezember: vorher läuft nichts bis nicht viel, und dann ist plötzlich die Hölle los. Aus diesem Grund war es möglich, dass wir vor einer Woche überhaupt noch einen Platz in Memory Cove für zwei Nächte reservieren konnten ($15 pro Nacht). Vom 24. auf den 25. waren sogar nur zwei der fünf Stellplätze belegt, sodass wir uns den schönsten, Nummer 2, unter den Nagel rissen, obwohl wir Nummer 5 zugeteilt hatten :-).
Bereits der Weg zur Memory Cove ist spektakulär. Eine Schotterstrasse führt 19 km durch wechselnde Vegetation, die immer wieder Aussicht auf ein tiefblaues Meer mit kleinen Inseln in Küstennähe und schäumende Brandung bietet.
Und zur Krönung gesellten sich am Weihnachtstag während dem Morgenessen noch vier Delphine zu uns, welche ihr Frühstück allerdings im Wasser einnahmen (ohne Foto).



Leider war es um 12 Uhr vorbei mit der Ruhe: zwei Fahrzeuge (je mit Bootsanhänger) und total elf Personen stürmten den Camping Ground und die Beach, und als erstes musste ein Motorboot zu Wasser gelassen werden, obwohl es eigentlich keine Bootsrampe gibt -- der Pfosten, der genau dies verhindern sollte, war auf jeden Fall kein ernstes Hindernis.


Die Hölle kann also ausnahmsweise auch schon am 25. Dezember losbrechen. Wir werden uns also für die kommenden Tage daran gewöhnen müssen, Camping Grounds und Strände nicht mehr für uns alleine zu haben. Aber vielleicht ja danach wieder.


Wir wünschen allen nachträglich eine frohe Weihnacht und einen erfolgreichen Start ins Neue Jahr!

Sonntag, 12. Dezember 2010

Der Klassiker: Great Ocean Road

Seit knapp zwei Wochen sind Jeannine und ich motorisierte Nomaden, da wir unsere Wohnung in Melbourne aufgelöst haben. Nun geniessen wir die Freiheit, täglich — und noch bis Ende Februar — aufs Neue bestimmen zu können, wie die Reise weitergeht.

Als erstes, und sozusagen vor der ehemaligen Haustüre, nahmen wir uns die Great Ocean Road vor, die wir wohlweislich aufgespart hatten, obwohl ihr östliches Ende weniger als 100 km von Melbourne entfernt ist. Die Great Ocean Road (GOR) ist das wunderbare Stück Küstenstrasse zwischen Port Fairy und Torquay. Sie ist wohl das touristische Aushängeschild von Victoria. Zu recht. In Eile liesse sie sich in einem Tag abspulen, aber eine Woche scheint eine bessere Planung zu sein, glaubt man all jenen, die es in drei Tagen versucht hatten, denn es gibt natürlich mehr zu sehen als nur schöne Buchten.


Google Map gross

Die Frage, ob man die 279 km lange GOR von Westen nach Osten oder von Osten nach Westen befährt, ist nicht akademisch. Der typische Australientourist fährt entweder von Adelaide nach Melbourne oder umgekehrt (auf der kürzesten Route 728 km, via die GOR 963 km). Welche Richtung ist vorzuziehen? Nun, wenn man dem Thunersee über Gunten entlangfährt, dann bietet die Fahrt von Thun nach Interlaken die bessere Aussicht als die Gegenrichtung, weil man auf der Seeseite fährt und weil die Aussichtspunkte auch auf der Seeseite liegen. Dasselbe gilt für die GOR, aber da in Australien Linksverkehr herrscht, ist man dem Meer näher, wenn man von Melbourne nach Adelaide fährt. Da wir ohnehin in Melbourne starteten, traf sich das prächtig.

Das ikonische Bild von der Great Ocean Road sind natürlich die Twelve Apostles:


Ebenso natürlich hat die GOR viel mehr zu bieten als nur diese Kalksteintürme, von denen alle paar Jahre einer Schlagzeilen macht, weil er umstürzt oder weil der Steinbogen, mit dem er noch mit dem Festland verbunden war, einbricht, und ein paar verwirrte Touristen auf einem Pfeiler im Meer zurücklässt.
Von Melbourne herkommend, fährt man zuerst gut 100 km erstklassige Kurvenstrasse, teilweise in steile Felswände gehauen, teilweise entlang felsigen oder sandigen Stränden. Gegen das Cape Otway hin, entfernt sich die Strasse vom Meer und führt durch wunderschönen, sogn. kalten Regenwald, der zum grossen Teil aus hohen Eukalypten, Myrtle-Buchen und Farnen besteht.


Dort ist man mitten im Otway Nationalpark, der sich über eine Länge von mehr als 100 km erstreckt und sich auf über 600 m.ü.M. erhebt. Der Park bietet viele tolle Spaziergäng zu Wasserfällen, eine Velotour auf dem Trassee einer ehemaligen Eisenbahn (die Schienen und Bahnschwellen wurden entfernt ...), ein Dutzend kostenlose Camping Grounds mitten im Wald oder direkt am Meer, einen Leuchturm, Wälder mit Koalas, Ferienorte mit guten Restaurants, Surfstrände, etc. Und dann gibt es auch noch den 91 km langen Great Ocean Walk.




Port Fariy

Die GOR ist natürlich besonders eindrücklich, wenn hohe Wellen branden und die Sonne scheint. Dann tost der Southern Ocean und die Gischt spritzt. Leider waren die Wellen diesmal etwas kläglich und das Wetter wechselhaft und eher kühl.


Trotzdem: die Great Ocean Road ist ein Muss und lohnt sich bei jeder Witterung, denn nach Regen sind die Wasserfälle besonders schön.

Little Aire Falls

Eine Woche kann man so locker mit einem höchst attraktiven Programm füllen.