Dienstag, 6. September 2011

Sechs Monate später

Coooo-eeee! Genau gestern vor einem halben Jahr bin ich wieder in Kloten gelandet. Es ist wahr: die Zeit fliegt.

Heute schon übers Velo gehüpft?

Als ich die Blog-Serie Mitte Mai abschloss, waren die Eindrücke aus Australien noch frisch und meine berufliche Zukunft noch offen. Mittlerweile stehe ich wieder im schweizer Erwerbsleben und versuche, mich nicht zu gründlich vom allgemeinen Stress vereinnahmen zu lassen, der alle zu lähmen scheint. Im Zeitalter von Facebook ist es schwierig geworden, gewisse Freunde und Bekannten persönlich zu treffen. Everyone is busy all the time. Setzt Euch doch für morgen einmal nur halb so viele Ziele! Nehmt Euch Zeit, mal etwas langsam zu tun, und tut es dafür mit mehr Freude! Zeit haben ist der neue Luxus! Lacht mehr, Leute, es geht uns ja unheimlich gut!


Das Fitnessprogramm, das ich mir im März verordnete, hat seine Wirkung noch nicht wirklich gezeigt; bleibt nur zu hoffen, dass einige der überzähligen Kilos von Fett zu Muskeln geworden sind :-)

Das Time-out nach unserem Abschied von Melbourne nahm ich zum Anlass, mir etwas tiefere Gedanken über meine berufliche Entwicklung zu machen. Fast 20 Jahre habe ich seit dem Abschluss des Studiums bereits gearbeitet, 20 Jahre stehen noch an. Will ich wirklich nochmals 20 Jahre lang Software entwickeln? Will ich mich weiterhin alle zwei oder drei Jahre in komplett neuen, immer komplexer werdenden Programmcode hineinwühlen? Wie lange würde ich mich noch gegen die "Konkurrenz" der jungen Programmierer durchsetzen können? — Bei der schwindelerregenden Rate, mit der neue Technologien eingeführt und miteinander integriert werden wollen, hat Erfahrung eine Halbwertszeit von bloss ein oder zwei Jahren. Will ich wirklich nochmals 20 Jahre im Umfeld von Banken und Finanzen mein Geld verdienen? Die nüchterne Analyse ergibt nämlich, dass ich vom Finanzwesen immer noch kein konkrete Ahnung habe. Wie soll ich da Seniorität und Erfahrung ausspielen?


Eines schönen Tages, auf der Fahrt durch South Australia, wurde mir bewusst, wie wenig die Australier alternative Energien nutzen. Stattdessen werden über 90% des elektrischen Stroms aus Braunkohle gewonnen; all die Sonne, die Wellen und der Wind werden noch kaum genutzt! Zurück in der Schweiz musste ich dann leider feststellen, dass auch da ein beschämender Nachholbedarf besteht, wenn man mit Deutschland oder Österreich vergleicht, wo jedes fünfte Haus und jedes zwanzigste Industriedach mit Solaranlagen bestückt sind. Dagegen muss man doch etwas tun!

Ich stand noch am Anfang meiner Analyse, als in Japan der Tsunami einschlug, und seither ist die "Energiewelt" nicht mehr dieselbe. Der Bundesrat beschliesst den Ausstieg aus der Kernenergie — aber wer implementiert die Alternativszenarien? Ein äusserst spannendes Feld, in das in den nächsten zwei Jahrzehnten immense Budgets investiert und Fachleute rar sein werden.


Kurz: ich entschied mich zum berufsbegleitenden Master-Studienlehrgang Energiemanagement an der Universität Koblenz-Landau in Deutschland. Das ist eine dreijährige Weiterbildung im Fernstudium für Inscheniöre und Ökonomen. Ich musste mich bewerben und wurde auf den 1. Oktober zugelassen. In der Schweiz habe ich leider keine vergleichbare Ausbildung gefunden.

Fast gleichzeitig beschloss ich, zu meinem früheren Arbeitgeber, Paranor AG, zurückzukehren — erstens war ich aus gutem Grund zwölf Jahr dort gewesen; zweitens gibt es neue, spannende Projekte und einen frischen (sprich: verjüngenden) Wind; und drittens geniesse ich dort das Privileg, Teilzeit arbeiten zu können, was die Weiterbildung überhaupt erst möglich macht. Seit Juni arbeitete ich 80%, ab Oktober noch 60.

Somit sind längere Reisepläne vorerst auf Eis. Das hielt mich aber nicht davon ab, so lange ich noch etwas Zeit habe, unseren Kasbah dennoch für weitere Abenteuer vorzubereiten und ihn innen erst mal etwas wohnlicher zu gestalten.


So werden wir ihn halt vorderhand als "Wohnmobil" missbrauchen. Dabei hilft die Vorstellung, dass man den Asphalt jederzeit verlassen könnte, wenn man nur wollte. Die Realität sieht — wie neulich im Südtirol — dann freilich anders aus. Macht nüt, s het trotzdäm gfägt!