Mittwoch, 30. Dezember 2009

Die Sache mit dem Leitungswasser

Wer schon einmal in den USA, Neuseeland oder Australien war, kennt das Problem mit Sicherheit (und die anderen wahrscheinlich auch): eigentlich ist die Wasserqualität gut genug, dass man das Leitungswasser trinken könnte, nur halten einen in der Regel Geruch und Geschmack davon ab. Es ist nicht bloss, dass das Wasser etwas nach Chlor riecht und schmeckt – das alleine könnte man noch aushalten, und es ist immerhin ein Zeichen, dass das Wasser behandelt wurde –, nein, es hat meist auch noch einen recht üblen erdigen Geschmack und Geruch. Letzterer ist beim heissen Wasser besonders ausgeprägt.

So gibt es also zwei Lösungen:
  • Entweder man leidet sich und trinkt das Leitungswasser
    Ein einfacher Trick dabei ist, während und 2-3 Sekunden nach dem Trinken nicht durch die Nase zu atmen, dann ist die Geruchsimmission grösstenteils eliminiert.
    Ein anderer Trick ist, das Wasser in einen Krug einzufüllen und ein paar Stunden stehen zu lassen. Das nützt aber machmal und manchmal nicht.
  • Oder man wird Stammkunde für Trinkwasser in Plastikgebinden
    Meist gleich 6x1.5 Liter ($4); die ganz Cleveren kaufen Plastikkanister mit Zapfhahn zu 5, 10 oder 12 Liter ($6).


Der stetige Verbrauch von Wasserflaschen und -kanister verschafft dem umweltbewussten Schweizer aber einen inneren Konflikt. Während man die leeren Flaschen mindestens noch auf fast kein Volumen reduzieren kann, wollen die leeren Kanister sich weder platt drücken noch platt treten lassen und füllen die halbe Abfalltonne.

So ist auch das Leitungswasser in Melbourne weder geschmacks- noch geruchsneutral wie das in den meisten Schweizer Haushalten der Fall ist. Deshalb enthielt der Einkaufswagen schon beim ersten Gang zum Supermarkt zwei 12-Liter-Kanister Wasser. Aber eben, das Umweltbewusstsein ...

Und hier kommt nun noch eine dritte – und ich meine: die ultimative – Lösung: in diversen Haushaltgeschäften wurden wir nicht fündig, dafür aber bei Safeway, einer der grossen Supermarktketten: für $23 gibt's das BRITA-Wasserfilter ("German engineered"). Oben Leitungswasser einfüllen (ca. 1.5 Liter), 2 Minuten warten, einschenken. Wow! Absolut einwandfrei.



Eine Filterkartusche ($9) hält gemäss Hersteller 2 Monate und hat oben im Deckel des Krugs eine eingebaute Digitaluhr mit 4 Segmenten und 25%-Abstufungen, damit man keinesfalls den Moment verpasst. BRITA – nie mehr Wasser schleppen :)

Freitag, 25. Dezember 2009

Weihnachten im Sommer

Wie sich Weihnacht bei sommerlichen Temperaturen anfühlt, habe ich in Neuseeland schon 1995 und 2000 erlebt: gut. Was damals eher komisch anmutete, war aber, dass sämtliche Schaufenster mit Santa Claus, Renntieren und künstlichem Schnee geschmückt – oder doch eher verunstaltet? – waren. Und aus jedem Shop Jingel-Gebell.

Und in Australien? – In unserem geschäftigen Viertel fällt vor allem auf, dass eingekauft wird like crazy. Und zwar bevorzugt erst in letzter Minute. Während in der Schweiz viele Familien auf Geschenke unter Erwachsenen verzichten, ist es hier sogar so, dass man auch eher flüchtige Bekannte und Arbeitskollegen beschenkt, wenn auch mit eher kleineren Gaben. Jeannine hat gleich von mehreren work mates Geschenke erhalten.

Künstlichen Schnee konnte ich in Prahran keinen finden. Etwa die Hälfte der kleineren Geschäfte hat Weihnacht zum Schaufensterthema erhoben. Rot ist allgemein die Farbe der Wahl. Ab und zu sieht man jemanden mit einer Klausenkappe (im angelsächsischen Raum kommt Santa Claus an Weihnachten, nicht am 6. Dezember). Das viel wichtigere Schaufensterthema zu dieser Jahreszeit kannst Du im folgenden Flickenteppich selbst herausfinden (Auflösung am Schluss des Blogs).


(Bild anklicken für Vergrösserung)

Die Strassendekoratiion ist auch entschieden anders als in Europa, statt Lichterketten und Laternen werden einfach Fähnchen mit weihnächtlichem Sujet (sprich: Sterne) gesetzt. Auf der Vorderseite sind sie ebenso weihnächtlich rot, auf der Rückseite grün, nach Strassenseite einheitlich aufgehängt – lustigerweise so, dass die Autofahrer auf ihrer Seite immer rot sehen.



Sogar das Tram trägt rot! Mein Favorit in Sachen Weihnachtsdekoration steht aber etwas westlich vom Zentrum, im Boom-Quartier Docklands.


Mindestens fünf Meter hoch. Merry Christmas!

Das Schaufensterthema Nummer eins heisst übrigens Sale (Ausverkauf) – das ist überaus praktisch, so kann man bereits die Geschenke vergünstigt erstehen.

Freitag, 18. Dezember 2009

Home, sweet home


Mit 3.6 Mio Einwohnern ist Melbourne die zweitgrösste Stadt Australiens nach Sydney (4.2) und vor Brisbane (1.6), Perth (1.4) und Adelaide (1.1). Insgesamt leben in Australien ca. 21 Mio Leute. Dafür ist Aussie auch knapp 200-mal so gross wie die Schweiz.

Weil die Melburnians vor allem in Einfamilienhäusern leben, erstreckt sich die Stadt über eine riiiesige Fläche. Während es auch im Zentrum überall Parks und Bäume hat, ist es eine recht grüne Stadt. Erst recht in den Häuschenquartieren. Es gibt auch breite Alleen und offene Grünflächen. Trotzdem, im inneren urbanen Ring, wo wir wohnen (Google Maps), ist der Charakter sehr städtisch, wie ein Blick vom Balkon unserer Wohnung zeigt.



(Auf die Bilder clicken, um sie grösser zu sehen).

Prahran ist ca. 6 km südwestlich des Business Districts von Melbourne, und man kann in der Mitte die Bilds die Skyline sehen. Das Quartier ist geprägt durch die Chapel Street und deren Geschäfte, Supermärkte, Cafés und Restaurants. Zudem ist der Prahran-Market — ein richtiger Markt! — in ganz Melbourne bekannt. Die Town Hall von Prahran (auf dem Bild oben der gelbe Turm mit Uhr und Fahne) und "coles" (rechtes Bildviertel) sind in der Chapel Street:






Hast Du den Velostreifen links im Bild gesehen?

Unsere 3.5-Zimmer Wohnung (oder wie man hier sagt, "two-bedrom apartment") liegt im dritten Stock und ist sehr gut und praktisch eingerichtet.







Wir haben auch ein Bad und ein Gästezimmer, das uns gleichzeitig als Büro dient (das Gästezimmer, nicht das Bad). Und einen Platz in der Einstellhalle, was sehr viel wert ist.

Dienstag, 15. Dezember 2009

Noch 120 Minuten bis Buffalo

Donnerstag, 10. Dezember, 16 Uhr
Nun war es auch bei mir so weit. Noch zwei Stunden bis zur Abreise und mehr zu tun als die Zeit reicht. Es begann schon einzunachten. Rucksack und Reisetasche waren irrtümlich bereits in den Keller gewandert (und natürlich in der untersten Kiste), ebenso all die Beutel für die kleinen Reiseutensilien. Der untere Stock sollte noch staubgesaugt und feucht aufgenommen, das Bad gereinigt, die Abfallsäcke entsorgt, das Telefon de-installiert, das Schild an der Klingel demontiert, die Stadtvelos in den Keller gestellt, der Wohnungsschlüssel an Ueli übergeben, das Reisegepäck gepackt, sowie Oliver geduscht und umgezogen sein. Der Keller—den wir nicht untervermietet haben—ist nun reichlich voll.



Natürlich reichte es nicht mehr für alles. Eigentlich für fast nichts; Ueli holte den Schlüssel am Ende selbst ab; irgendwie kam das richtige Zeug ins Gepäck; und ich war pünktlich auf Bus, Bahn und Flieger. Mit 30.6 kg lag das Check-in-Gepäck im Rahmen. Dass das Carry-on-Gepäck mit wohl 14 kg eher üppig ausfiel, steht auf einem anderen Blatt.

Der Flug mit Emirates über Dubai war "on time" und eher ereignislos mit wenigen Ausnahmen:
  • es hatte ausgesprochen viel Personal an Bord und der Service war aufmerksam
  • das In-Flight-Entertainment-System ist ein Beispiel dafür, wie man Hardware und Interaktion dieser Art nicht gestalten sollte
  • unter jedem Fenstersitz hat es eine Box (wohl das besagte System), die es verhindert, dass man beide Beine strecken kann. Grund genug, keinen Fenstersitz zu buchen
  • in Dubai standen gleich drei Airbusse A380 am Terminal. Daneben würde sogar ein Jumbo Jet eher mager aussehen.


(Zum Grössenvergleicht betrachte man das Männlein in gelb auf dem Schlepper gleich unter dem Flugzeug).

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Bye bye Wahlendorf

Der Marathon neigt sich langsame dem Ende zu. Zum erstenmal hat die Checkliste am Abend weniger offene Punkte als am Morgen. Übers Wochenende war die Triage "was bleibt hier?", "was geht in den Container?" und "was kommt im Flugzeug mit?" angesagt. Mit nur 30 kg in der letzten Kategorie lassen sich keine grossen Sprünge machen. Aber es muss für die ersten sechs bis acht Wochen ausreichen.

Die Wohnung ist bereits nicht mehr richtig wohnlich. In jedem Zimmer gibt's mindestens eine Kiste, und überall liegt Zeug bereit. Für den Keller, für die Kleidersammlung, für die Reise, für ins Auto, für später, für den Scanner, für den kleinen Hunger. Langsam ist fast alles bereit. Wurde auch Zeit.




Mein Arbeitsplatz bei Paranor ist geräumt. Der iMac steht alleine auf dem Schreibtisch, mein Pinboard ist leer, den Kalender mit den Bildern von Chlösiu habe ich hängen lassen, die Bilder von meinem Vater auch; die passen so gut. Bis auf zwei sind jetzt alle Vorlesungsskripten von der ETH im Altpapier. Und das nach erst 18 Jahren! Und natürlich habe ich nie mehr dreingeschaut.
 Obwohl ich ja noch bis Ende Jahr weiterarbeite, kamen heute einige in mein Büro um sich zu verabschieden, was mich sehr gefreut hat. Anthony kam extra nach Wahlendorf. Dank Internet ist die Distanz heute nicht mehr so gross – es macht kaum einen Unterschied, ob man von zuhause arbeitet oder aus Australien. Die Zeitverschiebung mal ausgenommen. Obwohl mein Abschied noch nicht definitiv ist, ist es nach 12 Jahren eine neue Art von Adieusagen.

Samstag, 21. November 2009

Stufe eins gezündet

So habe ich nun die Wohnung ganz allein für mich. Jeannine ist weg. Es muss ein hektischer Tag gewesen sein, die Spuren sind noch deutlich.



Am Ende waren sogar die Kleider und Schuhe für die Reise im Innern des Rucksacks gelandet und kurzzeitig nicht mehr auffindbar. Das ist so gar nicht Jeannine. In zwei Minuten gingen wir über den Stand der letzten Pendenzen und dann hopp ins Auto. Der Fünfuhrverkehr in unsere Richtung war zahm.

Der Bahnhof Bern bietet nur genau einen Ort, wo man mit grossem Gepäck vom Auto ohne Gepäckwägeli und fast ohne Schleppen aufs Geleise kommt. Der Verdacht liegt nahe, dass man beim Herrn Polizisten gute Argumente vorzubringen hätte, doch es wird niemand behindert, obwohl die Fussgänger oft etwas irritiert dreinschauen. So waren wir auch heute froh, die 25-kg-Velokiste nur ein paar Meter tragen zu müssen.

Der Abschied fiel nicht leicht—es wartet auf beiden Seiten einiges an Arbeit, und ein Wiedersehen gibt's erst in drei Wochen. Dass die Wohnung untervermietet ist, nimmt uns eine Last ab.

D minus 21

Gestern Abend war unser "Abenteuer" für mich erstmals, im Sinne des Wortes, greifbar. Jeannine's Reisegepäck hatte die Gewichtslimite noch nicht ganz erreicht, und ich konnte ihr ein paar von meinen Sachen mitgeben. So war auch ich nun aufgefordert, das Was-nehme-ich-mit vom Was-lasse-ich-hier zu trennen. Das Problem ist bekannt: Gefragt, ob es denn schwierig sei, einen David in Stein zu meisseln, soll Michelangelo geantwortet haben, nein, denn der David sei schon im Stein drin, und man müsse einfach nur alles weghauen, was nicht dazu gehöre.



Von den zwei Stapeln Sportkleidern und Hosen, dem Haufen Schuhe und dem Anzug, die ich bereitlegte, passten am Ende nur die Schuhe und der Anzug mit rein. Letzterer reist als Polsterung in der Velokiste nach Australien.