Das hatte seinen Grund: zuerst musste ich ja selbst herausfinden, was genau meine Aufgabe und wer mein Team ist — natürlich wird die Stelle im Job-Interview im Detail beschrieben, aber man muss eine neue Arbeitsumgebung immer erlebt haben, bevor man sich ein definitives Bild machen kann.
Veda Advantage ist eine vor allem in Australien und Neuseeland tätige Dienstleistungsfirma, die Banken darin unterstützt, das Risiko bei der Vergabe von Kreditkarten sowie von Krediten an Privat- und Geschätskunden, abzuschätzen. Wie in den USA ist hier die credit history etwas, woran man arbeitet wie an einer Karriere. Dabei geht es darum, sich im Laufe der Jahre einen Nachweis seiner Kreditwürdigkeit aufzubauen. Während man in der Schweiz mit einem positiven Konto-Saldo und "sauberem" Betreibungsregister ohne weitere Umschweife eine Kreditkarte erhält, werden in den angelsächsischen Ländern viel mehr Details erfragt und geprüft.
Das musste auch Jeannine erfahren, als sie bei der ANZ eine Kreditkarte beantragte, nachdem bereits drei volle Monatslöhne auf ihrem Konto eingetroffen waren. Dabei stellen die Banken nicht nur auf ihre eigenen Archive ab, sondern sie beziehen diese Informationen von spezialisierten Anbietern wie Veda, welche als sogn. credit bureaus agieren. Veda verfolgt in Australien und Neuseeland die Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit von über 16.5 Mio. natürlichen und über 4.4 Mio juristischen Personen. Zum Vergleich: Australien hat gut 22 Mio Einwohner, Neuseeland gut 4 Mio (2009).
Zum einen führt Veda Buch über gestellte, bewilligte und abgelehnte Kreditanträge, zum anderen werden Insolvenzverfahren in Australien öffentlich publiziert. Die meisten Banken in Australien und Neuseeland gehören zu Vedas Kunden. Daneben hat Veda auch andere Kunden im Finanz- und Anlagesektor.
Veda ist aber nicht nur eine Institution mit einer grossen Datenbank, sondern bietet auch Software-Produkte und -Services zur Berechnung von Kreditrisiken und zur Entscheidung der Kreditwürdigkeit von Antragstellern an. Veda unterhält nicht eine eigentliche Software-Entwicklungsabteilung und rekrutiert für substantielle Projekte jeweils externe Mitarbeiter, während die Projektleitung und die Anforderungssteller feste Mitarbeiter sind.
So wird seit Anfang Jahr — und noch bis Mitte 2011 — die Hauptapplikation (und damit das Hauptprodukt) für decisioning support (Entscheidungsunterstützung) neu entwickelt. Dank meiner Erfahrung mit der Swing-Bibliothek für graphische Oberflächen aus dem Kingcat-Projekt bei Paranor (1998 bis 2002 ...), habe ich die Rolle als GUI-Designer erhalten (GUI: grapical user interface, Benutzeroberfläche). Ich habe mit Überraschung festgestellt, dass Swing in den letzten drei Jahren erheblichen Aufwind erhalten hat, und dass viele Interessante Software-Produkte um Swing herum verfügbar sind (siehe die Links, unten). Wenn das Design fertig ist, wird der Vertrag voraussichtlich verlängert und wird dann um die Konzeption und die Programmierung der Client-Applikation erweitert.
Die Aufgabe lässt mir ziemlich viele Freiheiten, und ich kann auch die Implementierungstechnologien mitbestimmen und selbst Prototypen programmieren. Dass ich bereits Teile eines Modells für die Benutzeroberfläche entworfen habe und daraus nicht-trivialen Java-Code generiere, war wohl unschwer zu erraten. Und macht auch mehr Spass, als hundertmal fast dasselbe zu programmieren.
Links für die technisch Interessierten
- SwingX — Widget Library mit Calendar, TreeTable, Sorting/Filtering, Collection Views
- JGraphX — Library für Graphen-Editoren
- UISpec4J — JUnit-basiertes Framework, mit dem User-Interaktionen programmiert und die Effekte "headless" geprüft werden können; und dies ohne dass x/y-Koordinaten verwendet werden
Anderst als in den USA kennt Australien im Moment nur eine Negativliste fuer die Kreditwuerdigkeit. Das heisst, es werden nur negative Ereignisse (zB. Kredit nicht zurueckbezahlt; Mietzins zu spaet beglichen) gespeichert. Das macht natuerlich die Analyse von guten Kreditrisiken schwieriger als wenn man auch positive Informationen speichert.
AntwortenLöschenIm Moment ist die Diskussion um eine Umstellung zu positiven Listen (d.h. Listen in denen alle Kreditrelevanten Transaktionen gefuehrt werden) in vollem Gange.