Da Australien auf einem grossen Teil der Bodenschätze der Erde sitzt, gibt es eine entsprechend grosse Minen- und Erzverarbeitungsindustrie. Einige der Minen und Werke kann man besichtigen.
Bereits ab 1899 wurde in Iron Knob Eisenerz mit sehr hohem Eisenanteil geschürft. Es dauerte aber bis zum Zweiten Weltkrieg bis in Whyalla (ausgesprochen "uii-alla", siehe den Link rechts vom Originalpost), 54 km SE von Iron Knob, eine leistungsfähige Eisenhütte mit Stahlwerk in Betrieb genommen wurde.
Die ursprüngliche Eisenerzmine von Iron Knob
Zeitgleich wurde unmittelbar daneben eine Werft für Kriegsschiffe eröffnet, die einen Grossteil des Stahls verarbeitete. Die Werft ist seit langem wieder geschlossen, aber die Stahlproduktion und -verarbeitung läuft unter dem Namen OneSteel bis heute, resp. wurde kürzlich sogar modernisiert. OneSteel beschäftigt 3'000 Mitarbeiter und verarbeitet 1.8 Mio Tonnen Eisenerz im Jahr.
Hafen von Whyalla. Im Hintergrund das Werk von OneSteel.
Im Hafen von Whyalla wird neben dem produzierten Stahl auch rohes Eisenerz verladen, zumeist nach China (5.1 Mio Tonnen pro Jahr! Wieso das rentiert, resp. warum nicht gleich Stahl exportiert wird, konnte mir niemand erklären). Dann gibt es auch noch etwas Tourismus.
So wie Leigh Creek nur existiert, weil seine Braunkohlenmine rentiert, wäre Whyalla nur noch eine Geisterstadt, wenn OneSteel die Tore schliessen würde. Whyalla ist mit ca. 15'000 Einwohnern die zweitgrösste Stadt von South Australia (der grössten war der vorangehende Eintrag gewidmet).
OneSteel bietet Führungen an, die einen ins Herz der riesigen Anlage (mehrere Quadratkilometer gross) bringen und einen eindrücklich Einblick erlauben. Ich versuche mich kurz zu halten.
Per Schiff werden 0.9 Mio Tonnen Steinkohle aus New South Wales herangefahren und werden zu Koks umgewandelt — der Energiegehalt von Braunkohle, z.B. aus Leigh Creek, ist dafür zu klein. Dabei wird unter Luftabschluss eine höherwertige Kohle hergestellt, und als Nebenprodukte fallen grössere Mengen Koksgas und Ammoniumsulfit an. Ammoniumsulfit verwenden die Bauern als Dünger und die Terroristen als wichtigste Zutat für Bomben. 180 (!) Koksöfen werden parallel betrieben, und alle 8.5 Minuten wird einer geleert ... und einer mit 20 Tonnen Kohle gefüllt.
Die Koksofen sind links sichbar, der "Turm" ist der fahrbare Füllapparat
Das Eisenerz wird in der Mine zu feinem Kies gemahlen, mit aufbereitetem Regenwasser gemischt und 62 km durch eine Pipeline nach Whyalla gepumpt (!). Der Erzbrei wird getrocknet, dann wird Kalk aus Japan zugemischt. Im koksbefeuerten Hochofen wird das Eisenerz bei über 2000°C geschmolzen. Der Kalk bindet Verunreinigungen. Das flüssige Eisen (200 Tonnen pro Stunde; Kohlenstoffanteil 4%) wird in Spezialeisenbahnwagen gefüllt und ins nahe Stahlwerk gefahren. Die glühende Schlacke (Kalk plus der nicht-Eisenanteil aus dem Erz) wird von einem Spezialtransporter auf eine Halde gekippt. Das ist, als ginge die Sonne auf.
Der Hochofen (engl. blast furnace)
Transporter mit Schlackebehälter
Ausleeren der flüssigen Schlacke
Im Stahlwerk wird das flüssige Eisen unter Zufuhr von Sauerstoff und Zugabe von einem Drittel Alteisen weitergekocht und der Kohlenstoffanteil auf unter 1% reduziert. Das ist nun Stahl. Allenfalls werden andere Metalle dazugegeben (Chrom, Mangan, etc.). Zum Kochen wird Koksgas (siehe oben) verwendet. Dann wird der Stahl zu Barren à 1.5 bis 5 Tonnen gegossen und abgekühlt. Jährlich werden 1.2 Mio Tonnen Stahl produziert.
Das Walzwerk
Die fertigen Barren
Später werden die Stahlbarren in einen riesigen Ofen wieder erhitzt (Koksgas!), dann zu Eisenbahnschienen oder Profilen gewalzt und wieder abgekühlt.
Je nach Verwendungszweck werden die Schienen und Profile partiell erhitzt (Koksgas …), dann abeschreckt und dabei gehärtet. Weil sie sich dabei verziehen können, werden sie nochmals erhitzt (womit wohl?) und gerichtet. Alle Produkte sind für den Australischen Markt bestimmt. Australian Owned, Australian Made. Wenn man die Leute von Whyalla vom Stahlwerk reden hört, dann sollte man sagen: Proudly Australian Made.
Whyalla ist eine aufgeräumte Kleinstadt, die sogar ein bisschen Charme hat und alles fürs tägliche Leben bietet. Im Gegensatz zum Grundwasser, das in Leigh Creek angezapft wird, ist Whyalla voll von eine Wasser-Pipeline abhängig, die 376 km lang ist und ihr Wasser vom Murray River bezieht. (Randbemerkung: wie in diesem Blog-Eintrag beschrieben, war der Murray River früher ein gewaltiger, schiffbarer Fluss. Da ihm für aber immer mehr Wasser für Landwirtschaftsbewässerung -– und z.B. für Städte wie Whyalla – entzogen wird, ist er zeitweise nurmehr ein Rinnsal. Das ist im Süden von Australien ein Riesen-Politikum, und die Regierung kauft seit 2013 Wassernutzungskontingente von Privaten zurück.)
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