Dass man in Australien an vielen Orten — und vor allem beim Campieren — einen konstanten Abwehrkampf gegen Insekten führt, hat sich allgemein herumgesprochen. In Outdoor-Shops und Supermärkten finden sich ganze Regale voll mit Sprays, Salben, Kerzen, Anzündspiralen, etc., die vor Stichen schützen sollen. Citronella, ein “natürliches” Öl, das man sich, so glaubten wir bis anhin, auf die Haut reibt, gibt es im Baumarkt gleich als 4-Liter-Gebinde — wahrscheinlich tränken die Australier ihre Kleider oder das Zelt darin, oder sie verwenden es in Öllampen. Gestern sahen wir bei BCF ("Boating – Camping – Fishing") sogar einen Art Plastik-Tennisschläger, der mit feinen Drähten bespannt ist und die Mücken electronically (sic!) um die Ecke bringen soll.
Der Beweis!
Lake Hindmarsh (voll und noch vor der Dämmerung)
Am Tag sind die Mozzies meist kein Problem, dafür können die Fliegen äusserst lästig sein. Sie sind kleiner als die Hausfliegen in Europa, dafür schneller und vor allem beharrlicher und zahlreicher. Magneten gleich scheinen die Feuchtigkeit in unseren Augen, die Nasenhöhlen und die Gehörgänge diese Fliegen anzuziehen. Verjagt man sie mit einer Handbewegung, fliegen sie eine Volte und landen eine Sekunde später auf der exakt gleichen Stelle wieder. Beim Wandern setzen sie sich einem vornehmlich auf Hut und Rücken und drehen ab und zu ihre Kurven zum Gesicht oder in die Ohren. Die Strategie, am Leibchen zu zupfen, um die Biester aufzuscheuchen, und dann im Spurt 50 Meter davonzurennen, geht selbst im Gegenwind nicht auf: 10 Sekunden später sind alle Fliegen wieder munter versammelt. Einer meiner Lieblingsautoren, Bill Bryson, hat diese Plagegeister 2001 in seinem Buch «In a Sunburnt Country» beschrieben: Auszug aus dem Hörbuch (Download, englisch, gelesen von Bryson selbst); immer noch eine Pflichtlektüre für jeden, der Australien besuchen möchte.
Es gibt es noch zwei weitere fliegende Fieslinge. Erstens, die sand fly, die mit Sand gar nichts zu tun hat aber in Bodennähe lebt. Sie sieht auf den ersten Blick aus wie die europäische Fruchtfliege und setzt sich mit Vorliebe auf Knöchel und Beine. Dort sitzt sie aber nicht nur, sondern sie beisst, und zwar ein winziges Stück Haut heraus, bevor sie ihr Gift einspritzt. Spätestens jetzt hat man sie verscheucht, aber: zu spät. Etwas Spucke lindert den Juckreiz, der nach einer halben Stunde verschwindet. Doch nach etwa einem Tag erscheint an der Stelle ein kleiner, roter Fleck, der zwei bis drei Tag juckt. Zweitens, ich nenne sie die Teufelsfliege, die einer normalen Hausfliege — auch bei genauerem Hinsehen — zum Verwechseln ähnlich sieht. Statt gegen den Boden geht ihr Rüssel aber gerade nach vorne, ist kurz und spitzig. Diese Viecher sind extrem wachsam und schnell. Bis jetzt konnte ich noch keine einzige totschlagen. Sie stechen, was sofort eine kleine Schwellung verursacht, die über drei Tage heiss bleibt und ziemlich intensiv juckt. Wenigstens sehen Fliegen nachts nichts und belästigen einen somit auch nicht.
So viel zu den fliegenden Biestern. Kürzlich machte ich Kontakt mit einem neuen Parasiten, den die meisten nur vom Hören-Sagen kennen. Nach einem kurzen Aufenthalt an einem Picnic-Platz und einem Spaziergang zu einem Wasserfall, fühlte ich im Auto über dem rechten Sockenrand ein Gefühl, das sich weder als Krabbeln oder Stechen noch als Brennen beschreiben lässt. Das Hosenbein hochgerollt, zeigte sich dieses Bild:
Es brauchte einige Zeit, bis wir uns einig waren, was es war: ein Blutegel (Englisch: leech). So, und wie wird man den wieder los? — Im Film «Ocopussy» nimmt James Bond kurzerhand sein Feuerzeug zur Hand, heizt dem Tierchen ein und zieht es ab. Gesagt getan! Aber war das die richtige (d.h. medizinisch anerkannte) Art, einen Egel zu entfernen? — Das Internet wusste Rat, als wir uns ein paar Stunden später verbinden konnten: man soll Egel nicht brennen oder mit Salz bestreuen. Besser ist es, zunächst einmal gar nichts zu tun, denn nach ca. 20 Minuten hat der Egel seine Mahlzeit beendet und lässt vor sich aus ab. Will man ihn vorher loshaben, soll man mit einem flachen Gegenstand, z.B. einem Fingernagel oder einer Messerklinge, zwischen die Haut und den Saugnapf des Egels gehen, ihn von der Haut abheben und sofort wegschleudern, sodass er sich nicht als nächstes am Finger festsaugt (das Messer soll nicht zum Schneiden sondern als Spachtel gebraucht werden!). Nach der Entfernung des Parasiten blutet es noch ein paar Minuten nach, denn der Egel verfügt über ein Sekret, das die Blutgerinnung für kurze Zeit verhindert. Desinfizieren ist empfohlen, doch Blutegel übertragen offenbar keine Krankheiten. Die Details, wie man sich Egel aus Ohren, aus dem Mund, etc. entfernt, gibt es hier.
Die Preisfrage ist nun: lieber einen Insektenstich oder einen Egelkuss? — Ich entscheide mich für den Egel. Obwohl ein gummitartiges, elastisches und eher ekliges Tierchen, hat seine "Attacke" ausser ein paar Tropfen Nachbluten keine weitere Nebenwirkungen. Zudem kann man sich vor Egeln besser schützen als vor Insekten.
Ein "blutiger" Bericht "bestechend" gut geschrieben. Well done Mate! In der Anleitung zur Entfernung der Blutegel bin ich über was gestolpert: Use alcohol if it's in your mouth. If the leech has attached itself to the inside of your mouth, you might be able to cause it to fall off by rinsing your mouth with vodka or another strong alcohol. Rinse it around your mouth for about 30 seconds, then spit. Und jetzt kommt's: Check to see if the leech is gone. Um Himmelswillen! Wohin bloss?
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